„Mein Kopf ist so voll“ – ich weiß nicht genau, wie oft ich diesen Satz in den vergangenen Monaten gesagt, geschrieben oder bloß gedacht habe. Er ist so voll mit Ideen, Gedanken (die guten und auch die blöden, die sich im Kreis drehen), mit Unsicherheit, mit Geschichten, Begegnungen, Erlebnissen. Als hätte mein Kopf verlernt, all diese Dinge wegzusortieren, bleiben sie einfach da. Wie offene Tabs und Prozesse, die einfach nicht fertig werden. Gestern fragte mich meine Mutter (wieder mal), wie weit ich denn mit dem Buch sei? Manchmal habe ich das Gefühl, sie freut sich, dass es nicht „flutscht“. Aber das ist auch nur ein Gedanke.

Ich liebe meinen Kopf, denn er kann so viel (wäre ich nicht auf den Kopf gefallen, wäre ich vielleicht brillant, wer weiß das schon?). Doch manchmal möchte ich ihn abreißen, wegschmeißen, wegschließen, einfach mal Ruhe haben vor all diesen Geschichten. Schnell denken zu können ist eine Gabe, aber auch ein Fluch, das bedenken viele nicht, wenn sie hören „schnelle Auffassungsgabe“ – ist ja ne Gabe.

Warum nun heißt dieser Text „zartbitter“? Weil es sich so anfühlt. Mich spricht jemand an und es klingt vielleicht wie ein Kompliment: „Dein Pensum würde ich nicht schaffen.“ In mir ploppt aber auf: „Du machst zu viel, das ist nicht normal, du bist voll drüber.“

Oder eben diese Fragen meiner Mutter, die nach Interesse klingen, aber da schwingt noch etwas anderes mit: „Hast es unterschätzt, warst überheblich, hast es nicht gepackt.“

Es ist bitter, aber nicht nur. Denn ich sehe auch die gute Absicht, fühle die Idee hinter diesen Sätzen. Aber mein ach so kluger Kopf dreht wieder seine Runden. Er lässt mich nachdenken über das, was ich hinter mir gelassen habe, was noch vor mir liegt, warum ich mich so unbändig darauf freue und gleichzeitig etwas vermisse, das Vermissen nämlich.

Und warum ich manche Dinge nicht schaffe, nicht geschafft habe. Wie ich am besten aus einer verzwickten Situation herauskomme, für die ich mich so sehr schäme, dass ich nicht darüber schreibe.

Egal was ich tue, es schwingt immer mit, es gibt keine Ruhe vor den Möglichkeiten, vor den Ideen und den Interpretationen. Ich reflektiere sie, aber davon gehen sie nicht weg.

„Durchs Tun und Dranbleiben kommen wir aus den Tälern wieder heraus. Nicht durch Denken.“

Das schreibt mir Carsten Fuchs heute drüben auf LinkedIn. Das stimmt, so verstehe ich diesen Blog. Ich habe etwas getan, ohne groß nachzudenken. Das war gut.

Bloß habe ich nicht aufgehört, zu denken. Ich wollte es so gern und habe mir daher kleine Auszeiten geschaffen, in denen ich tatsächlich nicht gegrübelt habe. Das war toll, ich liebe es. Jetzt gerade klappt das nicht so gut, also beschäftige ich mich wieder mit meinen zartbitteren Gedanken. Kennst du bestimmt auch.

Alles ist voll von was wäre wenn und dem Wunsch nach nichts bereuen. Das ist toll, ich liebe all die Möglichkeiten in meinem Kopf, da entstehen ganze Welten, die ich erkunden kann. Und gleichzeitig stockt mein Leben, weil so vieles (noch) nicht entschieden ist, irgendwie „dazwischen“ ist. Nicht klar. Dabei wünsche ich mir die Klarheit für mich, für Junior, für unser Leben. Ich arbeite dran. Bis dahin schmeckt vieles weiterhin zartbitter. Ein bisschen herb, aber auch gut. Ab 80 % wird Schokolade ja eigentlich erst spannend.

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

3 Antworten

  1. Liebe Anna,

    ich habe auch so ein Exemplar auf den Schultern… Aber das Murmeln ist ruhiger geworden. Diese ganze bedürfnisorientierte Erziehung hat mir geholfen. Denn – wenn ich über die Bedürfnisse meiner Tochter nachdenken kann, ist es nur noch ein kleiner Weg um mir mal Gedanken über meine eigenen zu machen. Was sind überhaupt meine Bedürfnisse? habe ich mich zuerst oft gefragt. Langsam mache ich Fortschritte.

    Ich mag zartbitter Schokolade übrigens. Und ich kenne ein megagutes Brownierezept, in dem zartbitter verwendet wird.

    Die Klarheit wird bestimmt kommen. Wenn sie soweit ist.

    Und ich freue mich auf dein Buch. Total egal wann es kommt.

    Carina

    • Der Blog? Menschlich-Anna. Die Gedankenschleifen und das Leiden und das Jammern, aber auch die große Freude, das Explodieren, die Inspiration und die großen Gesten, die aus mir herausplatzen. Es ist ich. Und auch wieder allgemein-menschlich, wenn jedermann und jederfrau daran anknüpfen kann ^^

      Ja, ihn einfach weglegen zu können wäre schon eine große Hilfe. Gerade für die Tage, an denen man einfach anderes zu tun hat, als seinen eigenen Gedankenschleifen zu folgen…

      Schön, dass du reinliest. LG

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