4 Seiten vollgeschriebenes Papier. Pink. Der Umschlag: Auch pink. Alles passt so schön zusammen, als sei dies eine mit Bedacht und Freude geplante Kommunikation. Mein Briefpapier ist weiß, meine Briefumschläge auch. Es sind die Standard-Umschläge, die man in der Postfiliale kaufen kann. Im Hunderter-Pack oder so. Aber dieses Papier, das ich da am Mittwoch aus meinem Briefkasten angelte, ist pink.

Nun ist es nicht so, als wäre pink meine Lieblingsfarbe. Überhaupt nicht. Aber ich finde den Gedanken so wundervoll, dass jemand sich Briefpapier kauft und passende Umschläge, um dann Gedanken und Geschichten aufzuschreiben und sie zu verschicken. Zu mir. Das passt so schön zu meinem Ansatz, sich Zeit zu nehmen, die Gedanken nach und nach zu entwickeln, nur für diesen einen Empfänger. Klar, geht auch per E-Mail. Ist aber meiner Meinung nach nicht das gleiche.

Anfang Dezember hatte ich darüber geschrieben, dass ich es mir gut vorstellen könnte, wieder Brieffreundschaften zu pflegen. Erwachsene Brieffreundschaften. Denn die, die ich mal hatte, waren allesamt aus Ferienfreundschaften entstanden, irgendwann im Alter zwischen 8 und 14 vielleicht, da ging es in den Briefen oft um Schule, Familie, Dinge, die passiert waren.

Wenn ich meinem „Brieffreund“ heute schreibe, dann steht nicht so sehr im Vordergrund, was mein Alltag hier gerade so hergibt, sondern was mich bewegt, Aktuelles, aber auch Vergangenes. Denn der Text auf dem pinken Briefpapier hat mich fast zum Weinen gebracht. Und da ging es fast nur um Vergangenes (und wie es bis heute nachwirkt). Jetzt darauf zu antworten, ist gar nicht so leicht. Denn es ist ja seine Geschichte, von der er mir erzählt hat. Leider (oder eigentlich fantastischerweise!) gibt es so viele Anknüpfungspunkte in meiner eigenen Geschichte, die mir jetzt wieder ins Bewusstsein rückt. War ja ganz schön was los in meinem Leben.

Themen klopfen wieder an

Wenn man wie ich früh den Vater verliert, dann macht das was. Es verschieben sich Zuständigkeiten und Rollen, diese Struktur „Familie“ verändert sich massiv – sogar dann, wenn die Eltern gar nicht mehr zusammen waren. Der Tod verändert auch eine ganze Menge. Wenn dir klar wird, wie fragil dieses Leben wirklich ist, macht das was. Es sortiert sich alles neu, Ansichten auf das Leben und auf Themen wie Sicherheit und Verlässlichkeit verändern sich massiv. Das ist wie als würdest du aufwachen und neu sortieren. Keine Watte mehr, in die du gepackt wirst. Daher: Nichts bereuen!

Jetzt werde ich durch die Geschichte eines anderen wieder genau in diese Zeit katapultiert. Denn es kommt ein Gedanke hinzu: Man kann das, was meinem Vater passiert ist, auch überleben. Ich hatte nie darüber nachgedacht und es ist sicher auch gar nicht klug oder sinnvoll. Und trotzdem: Was wäre wohl passiert, wenn er überlebt hätte? Dann wäre meine Sicht auf Sicherheit und Verlässlichkeit auch nicht anders (nichts ist für immer). Aber meine Sicht auf Leben und Überleben vielleicht.

Ich selbst hätte auch schon mehrere Male sterben können. Da gab es irgendwann mal eine Frage auf Twitter, wie oft man wohl schon gestorben wäre ohne die moderne Medizin. Ich hätte vermutlich nicht mal meine eigene Geburt überlebt, Juniors auch nicht. Und meinen Unfall vielleicht auch nicht. Damals, als ich auf den Kopf gefallen bin.

Also ja: Man kann auch überleben. Und auch das macht was. Davon zu erzählen, macht auch was. Und zu lesen, was Menschen alles schaffen, wenn sie nur überzeugt genug vom Leben sind, macht auch was.

Ich schreibe weiter auf meinem weißen Briefpapier und freue mich über die Geschichten, die ich auf diese Weise ganz neu erzählen kann. Und wenn dann wieder ein Brief im Kasten ist, der sofort auffällt, dann freu ich mich auf die Impulse, die drinstecken. Offen, ehrlich, mit ganz viel Lust auf Schreiben und Austausch – und auf Leben. Ich glaub, das wäre mit E-Mails nicht möglich. Nicht so. Das pinke Briefpapier tut seinen Teil dabei. Verrückt? Vielleicht.

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

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