Letztens stand ich wieder mal im Supermarkt und ärgerte mich, denn es gab die Passata, die wir immer kaufen, nicht. Mal wieder nicht. Wie oft hatte ich mich schon aufgeregt, weil ich irgendeine Notlösung kaufen musste. Ich meckerte los, Junior stimmte ein. Irgendwann schaute ich ihn an und sagte nur: „Was machen wir hier eigentlich? Wir sind wie diese Idioten, die sich ärgern, wenn sie im Winter keine Erdbeeren kriegen.“ Das stimmt zwar nicht ganz, denn frisches Obst ist schon noch mal ne andere Hausnummer als passierte Tomaten in Gläsern, aber trotzdem: Was soll dieser Gedanke, dass immer alles verfügbar sein muss? Zumindest das, was ICH gerade kaufen will. Was andere brauchen oder machen, merke ich nämlich gar nicht. Was ist das für ein irrer Gedanke?

Das ist auch bei anderen Sachen so. Du findest im Internet einen Artikel und der ist hinter einer Paywall. Schon regst du dich auf, warum gerade dieser Text jetzt nicht für dich zugänglich ist. In deiner Bäckerei ist zufällig gerade die Kaffeemaschine kaputt, der Wartungsdienst ist schon da, aber das dauert noch, du bekommst nur Filterkaffee. Warum trifft es ausgerechnet dich, fragst du dich. Oder in der Drogerie merkst du, dass dein Duschgel, das von der Eigenmarke, nicht mehr produziert wird. Dabei hattest du dich doch so daran gewöhnt, wie ärgerlich! Wieso machen die das?

In der Kommunikation ist es auch so: Du bekommst eine Nachricht auf WhatsApp und dummerweise liest du sie auch, jetzt sind die zwei blauen Haken da und dein Gesprächspartner erwartet, dass du antwortest. Sofort. Mindestens aber innerhalb der nächsten halben Stunde. Wenn nicht, kommen ärgerliche Nachfragen (Länge der Intervalle abhängig vom Gesprächspartner): „Was ist denn nun?! Kannst du dich mal dazu äußern? Hallooooooo????????“

Ich will nicht ständig verfügbar sein. Nicht für meine Kunden, nicht für meine Bekannten, nicht für meine Familie. Wenn ich nicht antworte, dann heißt das nicht, dass ich die Person nicht wichtig finde, nicht mag, nicht sprechen möchte. Es heißt, dass ich es GERADE JETZT nicht will (oder kann). Denn vielleicht habe ich andere Dinge zu tun oder bin gerade im Gespräch. Prioritäten halt.

Erwartungen

Alles soll immer verfügbar sein, wenn wir es gerade brauchen. Mein Mehl muss im Regal stehen, wenn ich Brot backen will. Das Buch, das ich lesen will, soll auf Lager sein („Können wir innerhalb eines Tages bestellen…“ – „Ja, aber das ist doch ein Bestseller, wieso haben Sie es nicht da?!!!“). Der Content, den ich mir als Lesezeichen abgespeichert habe, soll zu dem Zeitpunkt, zu dem ich ihn konsumieren will, kostenlos verfügbar sein. Menschen sollen jederzeit auf Abruf mit voller Aufmerksamkeit für mich da sein. Was für eine Welt.

Und wie eingangs beschrieben, bin ich auch nicht gefeit davor. Es passiert so schnell, dass man denkt: „Wieso ausgerechnet ich???“ Wir leben in einer Welt, in der wir alles haben können, wenn wir es bezahlen. Na ja, vielleicht nicht alles, jedenfalls nicht in „echt“, ich denke da an Liebe und Anerkennung und Zeit und andere abstrakte Dinge. Wir können das vielleicht geschauspielert kaufen, den Schein, dass wir es haben könnten, aber nicht das Echte.

Und wollen wir nicht das Echte?

Gerade was Kommunikation angeht, möchte ich mehr Qualität als Quantität. Kurze, schnell dahingeworfene Nachrichten sind nett, aber nicht nachhaltig. Dafür braucht es Zeit. Engagement. Prioritäten. Einsatz. Mut vielleicht auch. Auf etwas zu warten, vielleicht sogar lange, hinzufiebern auf die langersehnte Nachricht, sich vorzustellen, was wohl drinstehen mag… Ist das nicht viel besser als dieses ständiges Pling? Ich glaube schon. Daher probiere ich andere Wege aus.

Und was ist nun mit der Passata? Letztlich IST sie immer verfügbar, ich müsste doch nur einen oder zwei Supermärkte weiter fahren. Ganz selten mal passiert es, dass ich „mein“ Produkt wirklich nicht bekomme. Und vielleicht gilt da das gleiche: Entweder ich gebe mich mit der doofen Notlösung zufrieden, meckere, koche dann und ärgere mich. Oder aber ich schwinge mich auf mein Rad, klappere ganz viele Läden ab, fahre immer weiter, bis ich die ersehnte Lösung gefunden habe. Wie anders wird das Kochen sein? Und wie anders wird das Essen schmecken? Ich frage mich das wirklich. Was meinst du?

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

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