Seit ein paar Wochen treibe ich mich auf Mastodon und damit auch im Fediverse herum. Und was mich verwundert und auch erfreut, ist die Art von Content, die dort geteilt wird.

[Dieser Text ist ursprünglich in meinem Laut-gedacht-Newsletter erschienen (21.07.2023), aber heute wurde ich daran erinnert und fand, dass er auch hier sehr gut aufgehoben ist. Daher: Nicht neu, aber lesenswert.]

Ja, im Fediverse gibt es auch die gleichen Beiträge und Ideen und Texte wie auf Twitter, LinkedIn und Co – jeweils im plattformspezifischen Gewand.

Aber da gibt es auch die persönlichen Blogs, Mikrocontent, der nichts will außer gefallen und inspirieren, die kurzen, einprägsamen Geschichten und die Bilder(serien), die einfach nur schön anzuschauen sind.

Es kann sehr gut sein, dass es diesen Content auch auf den anderen Plattformen gibt, aber dort finde ich ihn nicht. Auf Mastodon habe ich keinen Algorithmus, der mir die beliebtesten und am meisten kommentierten Beiträge anzeigt, daher sehe ich anderen Content.

Ich habe dort eine chronologische Timeline, die ich mir selbst zusammenstelle. So finde ich auch die Underdogs und Content außerhalb meiner üblichen Bubble, wenn ich ein bisschen auf die Suche gehe.

Beobachtungen auf 500 Zeichen

Und es gibt dort einige Menschen, die einfach nur zwei, dreimal am Tag aufschreiben, was gerade (bei ihnen) los ist. Auf dem Weg nach Hause, beim Blick aus dem Fenster, im Bus, beim Einkaufen.

Aber keine lustigen Anekdoten, sondern Beschreibungen einer Szene, literarisch, vielleicht auch ein bisschen poetisch. Manchmal finde ich diese kleinen Texte sprachlich sehr raffiniert, manchmal auch völlig überzogen.

Aber ich glaube, dass es darum gar nicht so sehr geht.

So wie ich es verstehe, gibt es eine Freude daran, kurz innezuhalten und eine Szene aus einer x-beliebigen Stadt oder einem Dorf aufzusaugen. Schöne Worte, kleine, eindringliche Bilder, die es auch in meiner eigenen Stadt genau so geben könnte.

Aber wir halten nicht an. Zu oft halten wir nicht an. Schauen aufs Smartphone, schauen nicht genau hin. Den Menschen nicht ins Gesicht und der Bewegung auf den Straßen nicht hinterher. Die einzelnen Szenen verwischen, die Details nehmen wir nicht wahr.

Und wenn andere für uns stehenbleiben und diese Eindrücke aufschreiben, dann ist das wie ein kleiner Stopp im Alltag: Ach ja, solche Szenen spielen sich da ab, während ich beschäftigt bin. Ah, schöne Worte, davon lasse ich mich gern ablenken.

Es will nichts, außer gelesen werden. Es ist einfach nur schön. Schöner Text.

[Falls du eine Idee brauchst, worüber ich hier schreibe: Ein kurzes Beispiel von Kristian auf Mastodon.]

Abseits von Klarheit liegt auch Zauber

Falls du mir schon länger folgst: Ich bin eigentlich eine Freundin von Klarheit. Jedenfalls dann, wenn es ums Verkaufen geht und auch um zielgerichtete Kommunikation (mit Kund*innen, Leser*innen und so weiter). Ich mag es, wenn Sachverhalte logisch und sofort verständlich sind. Wenn keine Zeit verschwendet wird.

Aber in den letzten Wochen lasse ich mich wegtreiben von Klarheit und schweife ab in diese Welt, in der ich nichts tun muss außer lesen und schauen, was es mit mir macht.

Und dann merke ich wieder: Ja, da ist eine große Sehnsucht nach schönen Anekdoten (sie müssen nicht wahr sein, es reicht, wenn ich glaube, dass sie es sein könnten). Da ist eine Sehnsucht nach Content, der keinen Regeln folgt. (Das stimmt natürlich nicht, denn auch dieser Content muss verständlich geschrieben sein.)

Dennoch verzeihe ich Gedanken, die nicht fertig sind und auch Sätze, die mich in der Luft hängen lassen. Die mich zwingen, den fehlenden Inhalt selbst zu ergänzen oder es auszuhalten und noch ein bisschen länger in der Luft zu hängen.

Ich glaube, wir dürfen auch mal weniger konkret und dafür einfach nur schön schreiben. Beides ist attraktiv für unsere Leser*innen. Die Mischung machts.

Welchen Text hast du nicht veröffentlicht, weil du dachtest, er sei nicht relevant genug? Was könntest du mit diesem Text tun?

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

6 Antworten

    • Liebe Margaretha,
      ich freu mich auf dich im Dezember. Und ich bringe immerhin mit: Die Erfahrung, wie man ein Buch schreibt. Und zwar mit allen Blockaden und Zweifeln, die du dir vorstellen kannst 🙂

  1. Oh, liebe Anna, da sprichst Du aber etwas an! Auf Deine Frage am Schluss:
    Erinnerst Du Dich an den ersten Text den ich Dir sandte?, den von dem kleinen Mädchen………………? Ich habe etwas weiter geschrieben, aber nie daran gedacht es zu veröffentlichen und jetzt fragst Du mich indirekt, was ich damit tun könnte. Ehrlich, ich weiß es so wenig als vor Jahren.
    Mir fehlt einfach eine Karin!
    Ganz liebe Grüße
    Margaretha

    • Liebe Margaretha,
      natürlich erinnere ich mich! Ich finde immer noch, dass es ein Buch werden sollte – eine Erzählung von großer Tragweite und vielen Wendungen, die die Leser neugierig weiterlesen und mitfühlen lassen. Vielleicht müssen wir beide doch noch nach Hawaii zum schreiben 🙂

      Soll ich dir Karin mal borgen?

      Liebe Grüße
      Anna

    • Liebe Anna,
      diesen Schwung von Dir hier zu lesen beflügelt mich jetzt und weißt Du was, wir schreiben zusammen (na ja, ich schreibe, Du schaust, ob das so geht?), muss ja nicht auf Hawaii sein. Ein Gemeinschaftsprojekt aus Alt und Jung mit Freude, Lerneffekt und Money für Anna.
      Ob sich Karin ausborgen lässt??????????
      Die allerbesten Grüße
      Dein Superfan

    • Liebe Margaretha,
      ich bin ja keine Expertin für diese Textart, aber wenn du glaubst, dass ich die richtige Begleitung dafür bin, dann mache ich es natürlich! Gemeinsam etwas erschaffen ist doch ein wunderbares Ziel 🙂

      Ob sich Karin ausborgen lässt, kann ich nicht sagen, vor allem weil sie gerade echt viel um die Ohren hat. Aber es stimmt schon: Jeder sollte eine Karin haben!

      Lass uns einfach die Tage sprechen. Liebe Grüße!

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