War da etwas Verächtliches in ihrem Blick? Verdrehte Augen? Ganz sicher jedenfalls kein Verständnis. „Gut, wenn das mit dem Buch dann endlich durch ist“, hatte sie gesagt. Klar, das stimmt natürlich. Es ist zusätzliche Belastung, es füllt meinen Kopf und nimmt Zeit in Anspruch, die ich gar nicht habe. „Du hast dich so damit verschätzt.“ Auch das stimmt. Ich hätte es gern schneller geschrieben, aber es ist nicht das Schreiben, das ich unterschätzt habe, sondern die Zeit, die ich brauchte, um in meinem Kopf ein stimmiges Konzept zu entwerfen, eine Ausrichtung, eine Stimmung. Das Gefühl, das beim Lesen entstehen soll.

Und dann sagte ich diesen Satz, auf den die verdrehten Augen folgten: „Ich habe halt ein großes Problem damit, die gleichen Dinge zu schreiben wie alle anderen.“ Der Hintergrund ist nicht etwa der, dass ich was Besonderes sein möchte, aber ich lebe schon länger nach dem Grundsatz: Wenn du etwas machst, dann auch mit vollem Einsatz. Lieber einmal richtig, als dass ich es wiederholen muss.

Ich möchte nicht noch einmal die großen Storys (amerikanischer) Konzerne nacherzählen, die immer als schicke Beispiele angeführt werden. Große Kampagnen als leuchtende Vorbilder am Storytelling-Himmel. Die haben alles: Echte Herausforderungen, wahre Helden, harte Kämpfe, überraschende Wendungen, alles verändernde Transformationen. Und fehlt ein Element, dann ist es doch kein richtiges Storytelling!

Ich persönlich finde diese Sicht auf Storytelling eher demotivierend. Ich möchte ermutigen, gerade die Mikro-Storys zu schreiben – und zwar auch die, die keine lebensverändernden Effekte haben. Gut erzählt sind sie die besseren Geschichten fürs Alltags-Marketing. Denn die Themen liegen auf der Straße und es gibt keine großen Probleme mit Glaubwürdigkeit, wenn sie denn gut gemacht sind, die Storys.

Jeder und jede von uns hat ein intuitives Verständnis davon, wie man Geschichten erzählt und das möchte ich nutzen. Aber für eine solche Ausrichtung braucht es die richtigen Beispiele und Erklärungen. Damit habe ich gekämpft und tue es noch.

Ja, ich will nicht so schreiben wie die anderen. Ich möchte so schreiben, wie ich es für richtig halte. Unvollständig vielleicht, weil die leuchtenden Beispiele fehlen, aber seien wir doch mal ehrlich: Wir sind nicht wie diese großen Konzerne, wir haben nicht die Mittel und auch nicht den Rahmen. Warum also sollten das unsere Vorbilder sein?

Mein Perfektionismus mag mich ausbremsen, das war auch damals so, als ich meine Abschluss-Arbeit geschrieben habe. Aber ich bin zufrieden mit dem Ergebnis und dem Aufwand, den ich betrieben habe. Denn die Schreib-Arbeit ist nicht der Teil, der die meiste Zeit verschlingt, sondern die Denkarbeit. Ich denke nicht wie die anderen, also schreib ich nicht wie die anderen.

[Den weiteren Verlauf des Gesprächs lasse ich hier weg, denn da wurde es doch arg persönlich. Vielleicht schreibe ich an anderer Stelle mal über Motivation und meine #einfachMachen-Idee, die bei diesem Projekt so gar nicht funktioniert.]

Nicht wie alle anderen. Und doch eine ganze Menge erreicht. Danke fürs Erinnern!

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

Keine Kommentare bislang

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert