Eine mögliche berufliche Perspektive für Linguisten und Linguistinnen ist die Arbeit als technische*r Redakteur*in. Weil sie sich mit Sprache so gut auskennen, können sie komplexe Produkte beschreiben oder Bedienungsanleitungen so gestalten, dass sie verstanden werden. Sie sind Übersetzer von der einen in die andere Welt. Wenn wir mit Menschen zu tun haben, dann kann uns schon der Gedanke kommen: „Hätte ich doch nur eine Anleitung gehabt, dann hätte ich diese Fehlermeldung vielleicht vermeiden können“. Über diesen Gedanken stolpere ich immer mal wieder, hatte schon Austausch im privaten Bereich mit Freunden oder Partnern, im beruflichen Kontext, wenn Zusammenarbeit schiefläuft und keiner weiß, warum eigentlich, und ich kenne den Gedanken auch aus öffentlichen Diskussionen zum Beispiel auf Mastodon.

In einem Austausch mit Holger Moller ging es vor allem darum, eine Art Beipackzettel für die Zusammenarbeit zu formulieren, um Missverständnissen vorzubeugen und Erwartungen offenzulegen. Das hatte Gitta Peyn auf Twitter angestoßen und Holger hatte das aufgegriffen.

Bei mir würde das vielleicht so klingen:

  • Steht auf klare Ansagen.
  • Verbindliche Termine sollten nicht kurzfristig abgesagt werden.
  • Mag kein Reden um des Redens Willen, auch nicht für den sozialen Frieden im Team. Dann lieber Schweigen.
  • Ist manchmal ungeduldig und perfektionistisch, setzt sich auch selbst unter Druck. Das passt nicht gut zusammen und ist ungesund.
  • Hat Schwierigkeiten damit, allgemeine Aussagen zu akzeptieren, die ihr nicht logisch erscheinen.
  • Immer gleiche Abläufe und Themen langweilen sie, Monotonie und Stillstand sind der Tod.
  • Braucht Herausforderungen und viel Input, um gut zu funktionieren.

Das ist ja schon mal gut zu wissen, oder? Aber was muss man denn noch über mich wissen?

Mein Exfreund (und auch andere vor ihm) haben gern Sätze über mich gesagt wie „man muss ihr nur regelmäßig Kaffee, Essen und Sex geben, dann ist sie eigentlich recht umgänglich“. Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit, obwohl ich finde, dass viele Menschen manchmal wirklich schlicht gestrickt sind – ich auch. Nicht immer natürlich.

Also was ist da noch? Hier ist der Versuch einer Anleitung, ein Anna-Handbuch.

1. Sag, was Sache ist: Kommunikation und Klarheit

Mich leitet zum Beispiel meine Liebe zu klarer Kommunikation und zur „Wahrheit“. Wahrheit steht hier in Anführungsstrichen, weil es sie natürlich nicht gibt, „DIE Wahrheit“. Aber dafür ist ja die Kommunikation da. Wir können uns unterhalten darüber, wie wir die Welt sehen und was uns wichtig ist. Um mit mir klarzukommen, braucht es da eine gewisse Offenheit und Neugier, denn klar, man muss nicht alles verstehen, was ich denke oder fühle, aber akzeptieren muss man es schon. Kaum etwas ist für mich schlimmer als Sätze wie „war doch nicht so schlimm, hab dich nicht so“ oder „ich kenne niemanden, der das macht, kann also nicht sein“.

Alles was du sagst, sollte wahr sein. Aber nicht alles was wahr ist, solltest du auch sagen.

Voltaire

Ich rede nicht um des Redens Willen, wenn ich also etwas sage, dann meine ich es auch so. Bitte nimm mich ernst. Ich möchte nicht, dass du meine Gedanken liest, sondern meinen Worten zuhörst. Und fragst, wenn du etwas nicht verstehst. Wegen solcher Nummern sind übrigens schon Beziehungen zerbrochen: „Ja, du hast gesagt, dass du mich nicht sehen willst, aber das hast du sicher nicht so gemeint…“ – Doch. Ich meine das, was ich sage. Eigentlich ganz einfach.

Mir ist es wichtig, dass der eigene Horizont weit sein kann, dass wir die Perspektive wechseln können, ohne gleich in Abwehrhaltung zu gehen. Vielfalt ist etwas Tolles. Im Denken, im Handeln, in allem eigentlich. Und Beharrlichkeit ist zwar nicht per se eine schlechte Eigenschaft, aber im Bezug auf das Durchdrücken der eigenen Weltsicht finde ich sie unangenehm und auch nicht angemessen.

Angelogen zu werden, kann ich echt auf den Tod nicht ab. Da fühle ich mich immer verarscht und bin oft auch ein bisschen beleidigt, je nachdem wie schlecht die Lüge ist. Und ich versteh meist den Grund nicht. Für mich lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Unklare Verhältnisse nerven mich und nehmen mir Platz im Kopf weg, den ich nicht habe. Daher: Hau lieber raus, was ist und dann kann ich auch drauf reagieren.

2. Lass mich einfach: Freiheit, Freiraum, Rückzug

Was auch noch wichtig ist: Meine Liebe zur Freiheit und zur Unabhängigkeit. Ich möchte von nichts und niemandem abhängig sein, das ist gar nicht so leicht umzusetzen, aber ich habe es geschafft. Das führt aber manchmal zu kuriosen Situationen im Alltag, (weil ich da sehr beharrlich bin ^^). Ich regle meinen Scheiß selbst. Und wenn ich Hilfe brauche, dann frage ich.

Wenn ich also nicht frage, gilt der Grundsatz: Bitte helfen Sie nicht! Ich möchte nicht, dass jemand mein Gepäck trägt, auch nicht meine Einkäufe oder sonst etwas. Ich organisiere mein Leben so, dass ich es händeln kann, da brauche ich niemanden, der etwas für mich übernehmen will, schon gar nicht ungefragt.

Für mich völlig unverständlich ist es, wenn Menschen nicht mehr als Individuen, sondern nur noch als Einheit existieren. Das gibt es bei Müttern und ihren Babys, aber auch bei frisch verpartnerten Personen, die nichts mehr ohneeinander machen. Wenn es wirklich nicht anders geht (also bei der Mutter mit Baby, die wirklich keine Alternative hat), okay. Aber in allen anderen Fällen: Ihr dürft auch weiterhin eigene Interessen verfolgen und allein eure Freunde treffen. Die Freunde möchten vielleicht auch weiterhin (wenn auch seltener, klar!) eure ungeteilte Aufmerksamkeit.

Ich ziehe mich zurück, wenn die Welt mich nervt oder wenn ich mich selbst nerve. Dann kann es sein, dass du länger nichts von mir hörst oder liest. Nimm es nicht persönlich. Meistens ist es wirklich so, dass es an mir liegt und nicht an dir. Sollte es an dir liegen, dann werde ich dir das mitteilen. Klarheit und so. Ständiges Nachfragen nervt mich aber, daher lass mich einfach. Ich komme zurück, wenn’s soweit ist.

3. Nimm meine Energie als Geschenk: Einfach machen.

Wenn ich was will, tue ich Dinge einfach. Bin ich erstmal von einer Sache überzeugt, dann tue ich wirklich alles dafür, was ich kann. Ich finde Wege, finde Zeiten, finde Energie und Möglichkeiten. Dann gibt es für mich kein „lohnt sich nicht“ oder „geht nicht“. Diese Einstellung und dieser Aktivismus sind Geschenke. In dieser Stimmung kann ich Menschen mitreißen und motivieren, bewegen. Brems mich nicht, wenn ich gerade alles tun möchte, denn dann weiß ich oft nicht wohin mit der Energie.

Nimm sie also als Geschenk, lass mich machen, schau was passiert und wo ich lande. Manchmal bin ich brillant, oft auch nicht. Aber ich möchte es gern versuchen, möchte Dinge umsetzen, wenn ich sie mir erst in den Kopf gesetzt habe. Projekte? Kein Problem. Mache ich nebenbei. Treffen und Reisen? Wenn es irgendwie in meinen Kalender passt und innerhalb von zwei Tagen umgesetzt werden kann, mache ich es – und wenn ich den ganzen Tag im Zug verbringe.

Lohnenswerte Ziele setzen mich in Bewegung und ich fühle mich dann immer, als könnte ich alles erreichen. Vielleicht, weil meine Ma mir früher gesagt hat, ich könnte alles werden und mein Junior mir immer sagt, ich könnte alles schaffen. Komm also mit mir und halt mich nicht auf mit „ja, aber…“, solange ich in dieser Energie bin.

4. Entdecke, was möglich ist: Keine Angst vor Veränderung

Ich wachse. Jeden Tag. Selbst an den den Tagen, an denen ich es nicht merke. Mein Leben ist voll und herausfordernd, es zwingt mich dazu, immer wieder neue Dinge zu lernen, Herausforderungen anzunehmen und über mich hinauszuwachsen. Ich sehe das als Chance – jedes Mal wieder, auch wenn ich ab und zu der völligen Überforderung nahekomme.

Was mir an diesem Punkt so wichtig ist: Ich bleibe nicht stehen. Ich habe zwar keine Ahnung, wo ich in 5 oder 10 Jahren sein werde, aber eins weiß ich: Ich werde nicht die gleichen Dinge tun, die gleichen Gedanken denken und die gleichen Menschen um mich haben. Und ich glaube, dass Menschen, die das für ihr eigenes Leben planen, also den Stillstand, nicht gut in meins passen. Denn egal wie sehr man dann daran arbeitet: Man bewegt sich auseinander.

Ich möchte entdecken, welcher Mensch ich noch werden kann. Möchte so viel ausprobieren und lernen und erkunden. Genau hinschauen, staunen. Alles bleibt anders. Und das ist ganz wunderbar. Immer nur das gleiche zu machen, begrenzt mich und langweilt mich auf Dauer. Daher: Möglichkeiten vor Regelmäßigkeiten. Keine Angst.

5. Versetz mich nicht: Vereinbarungen und Termine

Das ist etwas, das ich wirklich nicht leiden kann. Unverbindlichkeit in Bezug auf Termine. Der Satz „Ich habe dich vergessen“ lässt mich wieder 8 oder 9 Jahre alt sein und schon damals war dieses Gefühl wirklich schlimm. Ich bin dieses Kind, das am Fenster steht und auf seinen Vater wartet, der nicht kommt. Zu oft ist das passiert. Ich weiß bis heute nicht, warum er es so unwichtig fand, Zeit mit seinen Kindern zu verbringen, aber so etwas brennt sich ein. Ich möchte Priorität haben. Wenn nicht, mach bitte keine Termine mit mir.

Und wenn wirklich etwas nicht klappt in der Planung, bitte informiere mich rechtzeitig und auch mit einer guten Erklärung, sonst werde ich dir das sehr übel nehmen. Meine Zeit ist genauso wichtig wie deine und mich warten zu lassen, finde ich ungerecht und auch übergriffig. Und wie ich schon schrieb: Wenn ich etwas will, dann finde ich Wege. Versetzt du mich, hast du andere Prioritäten. Das ist okay für mich, aber ich werde es dann nicht wieder versuchen.

6. Gib nicht klein bei: Zwischen willensstark und stur

„Anna, wir wissen beide, dass man dir deinen Unmut extrem anmerkt, wenn du deinen Willen nicht bekommst.“ Das sagte ein Freund im August zu mir, als wir darüber sprachen, was passiert, wenn bei mir etwas nicht so läuft wie geplant. Und das stimmt. Ich bekomme gern meinen Willen, wenn mir etwas wichtig ist. Jetzt kommen also die Widersprüche zu oben, als ich über Beharrlichkeit geschrieben habe.

Ich kann gar nicht genau sagen, woher das kommt, aber es kommt vor, dass ich wirklich schlechte Laune bekomme, wenn Dinge in die für mich falsche Richtung laufen. Je nachdem, worum es geht, kann ich durchaus sehr stur und rechthaberisch sein. Das ist nicht immer so, aber bei Dingen, die mir wichtig sind, merkst du es wirklich schnell und deutlich, wenn mir etwas nicht passt.

In solchen Situationen klein beizugeben, ist nicht immer die beste Wahl, denn manchmal möchte ich gern den Gegenwind. Je besser wir uns kennen, umso mehr Gegenwind kann ich vertragen. Wir handeln die Spielregeln dann aus, sodass die Diskussion trotz aller Sturheit noch fortgeführt werden kann. Wenn gar nichts mehr geht, darfst du mich aber auch mir klaren Worten bremsen. Nicht einfach, aber machbar.

7. Inspirier mich: Themen, Sprache, Worte und Träumereien

„Man kann mich mit Worten Glücklich machen“, habe ich mal geschrieben, und das stimmt auch. Kluge Gedanken verpackt in schöne Worte sind für mich tausendfach anregender als jeder Smalltalk. Daher mag ich es, wenn Menschen offen über „ihre“ Themen reden, abseits der Belanglosigkeiten. Ich mag kleine Botschaften genauso wie tiefe, weitschweifende Diskussionen. Lange Küchen-Gespräche, die einfach so lange dauern, bis es hell wird. Das.

Ich kann mich für so vieles begeistern, sauge von allem ein bisschen auf, rede auch mit, bis zu dem Punkt, an dem mein Wissen nicht reicht. Dann höre ich zu, lasse mich gern mitnehmen in neue Themen und Gedanken. Also wenn du etwas zu erzählen hast, irgendwelche Fragen an die Welt diskutieren magst oder einfach nur rumalbern willst: Ich bin da! Volle Aufmerksamkeit.

Ich mag gesprochene, aber auch geschriebene Worte, wie du sicherlich weißt. Wenn du mir etwas schreibst, dann wirkt es oft noch langfristiger nach in mir und ich kann darin so richtig versinken. Das mag ich.

Eine Freundin hat mal gesagt, sie sei froh, dass ihr Partner nicht ständig inspirierend für sie sei, denn das würde sie überfordern. Ich für meinen Teil nehme gern die volle Dosis und verabschiede mich beim Overload einfach aus der Welt (siehe Punkt 2.).

8. Gib mit innerer Größe an: Werte

Ich gebe nichts auf Status und materiellen Reichtum. Mich interessieren dein Haus, dein Auto und dein Boot nicht (na ja, dein Boot vielleicht schon, aber eher dann, wenn es ne kleine Jolle am Steinhuder Meer ist als ne Yacht in Saint-Tropez). Ich mag Menschen, die wissen, wer sie sind, was sie wollen und was sie können. Was sie verdienen, ist mir aber egal, denn Lohn oder Gehalt richten sich ja leider selten danach, was man wirklich verdient. Na ja, ich drifte ab.

Jedenfalls ist es für mich eher wichtig, dass Menschen sich Gedanken machen über ihre Themen, sich begeistern können für das Leben oder Teile davon, dass sie ihre Ressourcen einsetzen, um ein gutes Leben zu führen – und das unabhängig vom Kontostand. Ja, ich gebe zu: Ein bisschen braucht es schon, das gibt Sicherheit und entspannt auf eine gewisse Weise. Aber wer glaubt, Erfolg sei daran sichtbar, wie groß das Vermögen ist, der hat meiner Meinung nach etwas Grundsätzliches nicht verstanden.

9. Lass mich denken und rumspinnen: Laut gedacht

Kleine Erlebnisse und Geschichten werden zu Texten. Ob nun gesprochene Texte oder geschriebene, ist dabei gar nicht so wichtig, wichtig ist nur, dass ich den Raum habe, meine Eindrücke vom Alltag, vom Leben, auf diese Weise zu verarbeiten. Schreibend die Welt erkunden und verstehen – das mache ich. Manchmal tauchst du vielleicht in den Texten auf, manchmal merkst du es vielleicht auch gar nicht, dass du mich zu dem Gedanken inspiriert hast.

Du darfst dir sicher sein: Ich werde nie irgendwelche Geheimnisse teilen, schon gar nicht etwas, das du mir im Vertrauen gesagt hast. Das wäre ja wie in dieser Serie, in der eine Junge Frau das Liebesleben ihrer Freunde zum Thema ihres Podcasts macht. Aber ja, manchmal kommen Zitate von der einen auf die andere Plattform, denn „nicht auf jeder Bühne lässt sich alles spielen“.

Du kannst mitlesen und Themen mit mir gemeinsam vertiefen, aber mach dir bewusst: Das ist nie die ganze Wahrheit. Hier zeige ich immer nur einen kleinen Ausschnitt von dem, was und wer ich bin. Entscheide selbst, wie tief du in meine Gedanken eintauchen willst. Ich erwarte nicht, dass du es überhaupt tust. Aber lass mich denken. Lass mich spinnen. Lass mich entwickeln. Das ist für mich sehr wichtig.

10. Gib mir Kaffee: Gehört in die Tagesplanung

„Kaffee ist das Fundament all deines Handelns“ hatte Torsten über mich geschrieben und ja, das stimmt. Diese feine, schwarze Linie, die sich durch mein Leben und meine Texte zieht, gehört einfach dazu. Nicht nur zu meiner Online-Persönlichkeit übrigens, sondern auch zu der echten Anna. Wenn du einen Tag mit mir planst, gehen wir irgendwo vorbei, wo es Kaffee gibt, okay?

Ich habe keine Ahnung, ob diese Anleitung jetzt wirklich dazu führt, dass man besser mit mir umgehen kann oder mich besser versteht, sie ist sicher auch nicht vollständig. Aber vielleicht hast du ja noch einen Punkt, den du ergänzen würdest? Schreib es mir gern, dann denk ich drüber nach. Oder vielleicht kommt dir einer der Punkte auch komisch vor? Übertrieben? Geschönt? Schreib mir doch – geht auch per PN und nicht öffentlich 🙂

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

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