Während ich mich bemühe, auf verschiedenen Bühnen unsichtbar zu sein und zu bleiben, bin ich auf anderen umso sichtbarer. Denn derzeit laufen im Hintergrund so viele Projekte und Anfragen. Ein Gastartikel hier, ein Podcast-Auftritt da, eine Einladung, ob ich nicht auf der Konferenz xyz sprechen möchte. Klar, möchte ich alles. Und doch merke ich, dass ich nicht alles kann – je nach Gemütszustand eben.

Wenn Junior mal wieder den Tag vollpacken möchte mit Spielplatz, Eis essen, Fahrrad-Tour, Spieleabend, dröseln, im Garten rumtoben, bei Oma abhängen, mit der Nachbarin treffen, Lego bauen, lesen und so weiter, dann sage ich ihm gern: „Es geht nicht alles auf einmal! Wir machen eins nach dem anderen.“ Und meistens klappt auch nicht alles. Verrückt, ich weiß.

Wenn ich selbst das aber mache, kommt es mir normal vor. In diesem Monat ein Blogartikel für eine befreundete Bloggerin, zwei Aufnahmen für Podcasts, in denen ich als Gast geladen bin. Im November spreche ich auf einer Konferenz, im April 2024 dann auf einer anderen.

[Viele dieser Auftritte sammle ich übrigens drüben auf dem Hauptblog unter „fremdgebloggt“.]

Dann habe ich ja selbst auch noch meine Podcast-Projekte, die ich aber zum Glück sehr strukturiert und zu der für mich passenden Zeit „abarbeiten“ kann. Mein Buch, meine Blogs, mein Newsletter, all die offenen Community-Termine, die ich veranstalte… Und hey, ich hab ja auch noch Kunden und Kundinnen. Nebenbei organisiere ich Juniors Packliste für die Klassenfahrt, seine Sport-Termine, Playdates und so weiter.

Manchmal frage ich mich schon, wann ich das alles mache. Eins nach dem anderen halt. Was nicht passieren darf: Krankheit. Denn das kann mein kleines System nicht gut ab. Dann stapeln sich die Aufgaben, weil sie kein anderer übernehmen kann. Oder es sterben Projekte, auch schon passiert.

Geht das auch besser?

Nun könnte man ja sagen: „Na dann mach halt nicht so viel! Du musst ja nicht auf allen Hochzeiten tanzen, Anna!“

Das stimmt. Das Blöde ist nur: Ich mag diesen Zustand ja auch irgendwie. Ich mag es, „Ja“ zu sagen, neue Dinge auszuprobieren, auszubrechen aus dem Alltäglichen – sowohl in Freizeit, als auch im Business. Jeder Workshop, jeder Vortrag ist für mich ein Anlass, etwas Neues zu lernen, zu konzipieren und zu tun.

Ich gebe es zu: Ein Konzept, wie ich Dinge einfach machen kann, ohne auf (zu) vielen Hochzeiten zu tanzen, habe ich noch nicht gefunden. Denn alles, was spannend klingt oder nach Spaß, das mache ich halt – es sei denn, ich finde wirklich keine Zeit dafür.

Nein, das ist kein Meckern und kein Jammern, das ist ein Gefühl von Fülle. Mein Leben ist voll. Und dann erinnerte ich mich wieder an einen Text, den ich vor ein paar Jahren geschrieben habe. Über ein Zitat von der Kernphysikerin Lise Meitner. Die hat wohl mal gesagt:

„Das Leben muss nicht leicht sein, solange es nicht leer ist.“

Mich hatte das ins Denken gebracht. Denn klar, eine Physikerin sagt so einen Satz und meint damit sicher etwas anderes als ich. Aber übertragen wir es doch.

Wir wollen es gern leicht haben. Schön. Beschwingt. Reich. Freudvoll. Bloß… Wenn ein Leben so voll ist wie das der meisten Menschen, dann hat es Gewicht, es ist schwer. Und vielleicht ist das etwas Gutes. Das beschäftigte mich.

Mein Leben ist ziemlich voll. Und von all den Terminen und To-dos abgesehen, interessiere ich mich auch noch für viele, viele Dinge und Themen – gesellschaftliche, politische, kulturelle. Das geht nicht an mir vorbei, auch wenn ich nicht zu allem etwas sage oder schreibe. Gerade in der heutigen Zeit.

Ich habe Kontakt zu Menschen, aber auch zu Themen. Bewege mich hier und dort, lese, denke mich ein in die Gedanken anderer Leute. All das hat doch Gewicht. Und wenn das alles Gewicht hat, dann darf es doch auch mal schwer sein, oder?

Ich weiß ja, das ist entgegen der Meinung vieler Coaches und esoterischen Berater*innen, die alles leicht machen, alles besser machen, alles bunter und hübscher machen. Denn nur so ein Leben ist ja wirklich lebenswert…

Ja. Oder halt auch nicht. Mein Leben war nie besonders leicht, aber das ist okay so. Ich schöpfe aus Erfahrungen, Krisen, auch traumatischen Erlebnissen. Denn: Ich lebe. Und das ist nicht immer leicht, das ist nicht immer schmerzfrei, nicht immer rosa.

Mein volles Leben darf auch mal schwer sein

Diesen Satz nehme ich mir mit. Halte Dinge und Menschen fest, mit denen es leicht ist. Aber akzeptiere und schätze auch die, die mal schwer sind. Das ist okay so. Vor allem dann, wenn ich auf allen Hochzeiten tanzen will.

Darf das Leben schwer sein? Was meinst du?

4 Antworten

  1. Liebe Anna,

    ich habe mal folgendes Zitat gelesen: „Man kann sein Leben nicht verlängern, aber vertiefen.“

    Leider habe ich vergessen, welcher kluge Mensch, das von sich gegeben hat. Ich persönlich denke, dass die Schwere des Lebens, die wir manchmal (zyklisch) fühlen, zu unserer Lebenstiefe führen. Wenn alle Menschen leicht wären und alle Aufgaben auch, dann wäre das mir persönlich zu oberflächlich. Ich mag Lebenstiefe. Aber wenn ich mitten drin stecke, bin ich eben tief-traurig und nicht leicht. Die Franzosen sagen „C’est la vie“ und drücken das einfach so aus. Ohne Wertung.

    Edith

    • Liebe Edith,

      ja, das stimmt schon, Tiefe entsteht in diesen bedrückenden und schweren Zeiten – schön, es so zu formulieren. Dichte, Tiefe, Fülle, Vielfalt, Abwechslung… Wir können sicher noch viele gute Beschreibungen dafür finden. Aber die leichten Phasen sind eben auch schön und wenn sie zu lange auf sich warten lassen, wird es irgendwann anstrengend. Daher: Nehmen wir es wie es kommt und halten wir die Tief-Phasen kurz, wenn es geht 🙂

  2. Was schwer und was leicht ist im Leben kann jeder Mensch nur selbst erkennen. Denn leicht und schwer sind Gefühle und diese sind Gott sei Dank individuell.
    Wenn jemand zu mir sagt: „Du hattest aber ein schweres Leben“, mit Krankheit, Verlust und noch so einigen Herausforderungen, dann sage ich in der Regel, dafür fühle ich sehr bewusst, was leicht und unbeschwert ist, Du auch?
    Darauf kommt dann das große Schweigen im Walde.
    So darf ein volles Leben auch mal schwer sein. Das Wörtchen „mal“ macht den Unterschied.

    • Ja, na klar! Gefühle sind sehr individuell und subjektiv, das ist ja auch gut so. Nichts ist schlimmer, als wenn mir jemand sagen möchte, wie schlimm oder nicht schlimm meine Gefühle sind… Aber ich glaube halt, dass dieses große Ideal vom leichten Leben an der Summe der Leben vorbeigeht. Denn wir alle haben doch Phasen, in denen unsere Leben sehr voll sind. Und dann ist es eben okay, dass es auch mal schwer und dicht ist. Du kannst die Leichtigkeit nicht so gut einordnen, wenn du die Schwere nicht kennst und andersrum, das glaube ich auch. Es sind Zyklen – so wie fast alles im Leben zyklisch verläuft 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert