Manchmal wünsche ich mir, unsichtbar zu sein. Mich verkriechen zu können, sodass mich keiner findet. Dass alle Nachrichten egal sind, die E-Mails, die Messenger-Texte, die Erwähnungen auf Social Media. Und auch die Events. Selbst vor meinen Freunden verstecke ich mich dann.

Wenn es mir so geht, dann folge ich diesem Impuls meistens auch. Ich bin dann einfach nicht da, lese vielleicht am Rande mit, ob nicht etwas total Wichtiges passiert, was aber – seien wir ehrlich – so gut wie nie der Fall ist. Später tut es mir dann leid, dass ich nicht auf die Erwähnungen reagiert, keinen Kommentar geschrieben habe. Denn ja, es hat mich doch gefreut, dass da jemand mit mir oder über mich gesprochen hat.

Nur in diesem Unsichtbar-Status kann ich nicht aktiv darauf eingehen, das kostet zu viel Kraft. Ich stelle mir das immer so vor, dass ich als unsichtbare Anna zwar alles mitbekommen kann (wenn ich es will), aber selbst nicht in der Lage bin, etwas beizutragen. Wie so ein immaterieller Geist, der ja nichts anfassen kann. Ich kann also nicht teilnehmen an diesem Austausch, weder durch meine Präsenz, noch durch Worte, noch durch Texte. Zumindest in der direkten Interaktion.

Schreiben. Eine Gratwanderung

Als ich Ende 2020 in Rani Gindls Krisenfest-Podcast zu Gast war, da stellte sie mich vor und sagte: „Warum ich sie [Anna] eingeladen habe, mit mir hier über das Thema Krisen zu sprechen, ist, dass es mich immer wieder fasziniert, wie positiv sie auch mit ihren Stolpersteinen umgeht. Sie das immer wieder kommuniziert. Und ich merk so: Sie zieht sich zurück, kommt wieder, zieht sich zurück, kommt wieder, also sie – meiner Meinung nach – achtet sie sehr gut auf sich.“

Und das stimmt. Ich werde zwar unsichtbar, aber ich erzähle auch darüber. Klingt erstmal paradox, aber so ist es. Im Hintergrund schreibe ich und wenn ich wieder auftauche, dann schreibe ich auch. Und zwar auch über die Gründe für mein Verschwinden und die Learnings daraus.

Das ist für einige Menschen in meinem Umfeld gar nicht verständlich. Warum soll ich mich erklären, warum überhaupt was dazu sagen? Aber in dieser merkwürdigen Online-Business-Bubble fällt es eben doch dem ein oder anderen auf, wenn man verschwindet. Für diese Menschen ist es eine wertvolle Information.

Manchmal ist es für mich sogar einfacher, über meine Krisen zu schreiben, als sie jemandem zu erzählen. Der Druck, in einer (auch nur annähernd) synchronen Kommunikation zu antworten, ist einfach zu groß.

Gute Tipps

Über mein Verschwinden hatte ich 2021 schon mal auf Facebook geschrieben, damals als eine Folge von einem Jahr Corona. Übrigens mit dem Hinweis, ich bräuchte keine Tipps, wie ich solche Situationen besser lösen könnte. Du kannst dir vielleicht vorstellen, was ich bekam? Na ja, Menschen und ihre Ratschläge halt.

Was ich damals geschrieben habe, passt auch heute – obwohl ich natürlich nicht so sehr unter Druck stehe wie 2020/21. Ich schrieb:

„Wenn sich also mal einer eurer Freunde länger nicht meldet, keine Herzchen verteilt oder auf FB postet, dann ist das, WEIL er oder sie Prioritäten setzt. Du liest nichts von mir, WEIL ich andere Dinge wichtiger finde als das hier. Wenn du so willst, dann ist das hier Selbstfürsorge (so ein ätzendes Wort, aber ist ja so trendy gerade).

Und wenn du dich jetzt fragst, was du tun kannst, ob du was tun sollst oder nicht: Sag mir gern hallo, schreib mir eine freundliche Nachricht. Aber erwarte keine Antwort von mir. Erwarte am besten gar nichts von mir. Ach: Und falls du mich fragst, wie es mit geht, dann sei bereit, die Antwort zu hören. Wenn du das nicht willst, frag nicht. Es ist eigentlich alles ganz einfach. Echt.“

Die letzten zwei Absätze eines Texts, den ich im März 2021 auf Facebook veröffentlicht habe

Ich denke, dass viele Menschen das verstehen können. Und die, die es nicht können, ohne gute Ratschläge geben zu müssen: Geh bitte weiter. Wenn also mal wieder jemand unsichtbar ist, dann sag gern „Hallo“, aber erwarte keine großen Worte. Wenn die dann irgendwann doch kommen: Umso schöner.

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