Den Impuls zur Blognacht bringt diesmal Edith mit und ich bin fasziniert: Seit ich … kann, mache ich ständig … Ein interessanter Impuls, denn hier kann ja wirklich alles kommen – nur bei mir kommt nichts. Mir fallen ein paar Plattitüden ein, ein bisschen belangloser Kram, aber nichts, das einen Artikel füllen könnte. Oder doch?

  • Seit ich laufen kann, entdecke ich die Welt.
  • Seit ich lesen kann, beschäftige ich mich ständig mit Geschichten.
  • Seit ich schreiben kann, experimentiere ich mit Wörtern und Formaten.
  • Seit ich mich mit Sprachanalyse beziehungsweise Gesprächsanalyse beschäftige, höre ich genauer hin und formuliere sorgfältiger.
  • Seit ich moderieren gelernt habe, höre ich, wenn Moderatoren unvorbereitet in ihre Sendungen gehen.

Das ist vielleicht das Schlimmste. Wenn man etwas gut kann, also Insider-Wissen hat oder Können auf einem bestimmten Gebiet, dann kann man nicht mehr unbefangen dabei zuschauen, wie andere das machen.

Seit ich in der Gastronomie gearbeitet habe, kann ich nicht mehr an einer Bar sitzen, ohne zu schauen, was die Barkeeper da verzapfen (wortwörtlich). Seit ich weiß, wie Radiosendungen und -beiträge produziert werden, kann ich nicht mehr zuhören, ohne mir Gedanken zu machen über den Schnitt, den Aufbau der Moderation, die Höreransprache und die Führung durch Stimme und Präsentation.

Ich bin einfach nicht mehr so unbedarft wie früher. Moderatoren, die dem „ENE“ folgen, also dem ersten naheliegenden Einfall, kann ich nicht ernst nehmen. Gleichzeitig ärgere ich mich, wenn ich meine eigenen Podcast-Interviews schneide und merke, dass ich mehr als eine Frage gestellt habe. Dabei weiß ich doch, dass bei einer Kopplung von Fragen im Zweifel nur die letztgestellte beantwortet wird.

Ich analysiere ständig mich selbst und meine Mitmenschen auf den Gebieten, in denen ich mich auskenne. Stichwort Curse of Knowledge, ich überschätze Wissen und Erfahrung anderer. Aber das ist doch nun auch keine Information, die solch einen Artikel trägt.

Seit ich Texterin bin, lese ich anders

Du kennst vielleicht diese Menschen, die in jedem Text die Fehler sehen. So wie ich an der Theke immer schauen muss, wo der Putzlappen liegt und wie er benutzt wird, sehen diese Menschen die Fehler im Geschriebenen. Ich sehe die auch. Aber ich sehe noch viel mehr.

Meine Medientrainer-Ausbildung war so ziemlich das Beste, was ich gemacht habe in diesem Leben. Denn ich lernte etwas über Menschen und darüber, was sie antreibt, was sie bewegt, was sie stärkt. Und wie sie lernen. Mit Spaß und einem Fokus auf das Gelingen.

Ich wurde dort ausgebildet, andere zu fördern. Damit sie bessere Radiobeiträge produzieren, damit sie ihre Stärken besser kennen und auch die Felder, in denen sie sich am schnellsten verbessern können. Als ich nach der Ausbildung noch die Zusatzqualifikation über Feedback mitgemacht hatte, wusste ich, wie ich als Trainerin sein möchte.

Ich sehe immer das Gute in Texten. Und glaub mir, es gibt immer etwas. Mich interessieren nicht die Kommafehler, die Vertipper und die langweiligen Formulierungen. Das lässt sich lernen. Aber wie ein Mensch ein Thema angeht, wie er es aufbaut, es beschreibt, welche Schwerpunkte er setzt – das ist das, was wirklich interessant ist.

Wenn ich mit meinen Coachees arbeite, dann lasse ich sie manchmal erzählen, was sie eigentlich gern über ihr Thema berichten wollen. Und dann übersetzen wir diese Gedanken und diese Haltung in eine Textform, die gut leserlich ist.

Stärken stärken statt Leute runtermachen

Klar, Kritik ist wichtig, auch negative. Aber letztlich sind das nur Kleinigkeiten. Wir können immer etwas verbessern, das ist ein Prozess. Aber Menschen zu zeigen: Hey, du kannst schreiben! Wow, das ist dir gut gelungen! Super, diese Formulierung hat mich total gepackt! – das ist die wahre Kraft in Feedback.

Wenn Menschen zu mir kommen und Angst vor dem Rotstift haben, Angst davor, den Text überhaupt zu veröffentlichen. Und wir dann gemeinsam das Potenzial des Themas, der Botschaft und der schreibenden Person suchen (und finden). Das macht was mit den Menschen.

Stärken stärken. Menschen stärken. Ihnen zeigen, was sie können und eine Perspektive geben, was sie können werden, wenn sie Dranbleiben. Das ist das, was ich ständig tue, seit ich es gelernt habe. Was ich tue, seit ich meine Community aufgebaut habe. Früher sogar kostenlos in meiner Facebook-Gruppe. Aber egal auf welchem Weg, Hauptsache ein Stückchen weitergekommen auf meiner #MissionBesserTexten. Und das finde ich dann doch ganz wunderbar. Danke Edith, für diesen Impuls!

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