Diese Abschluss-Stimmung hat mich erfasst. Das Ende des Jahres. Immer gern zum Anlass genommen, zurückzublicken. Dabei mag ich das gar nicht, es stärkt nur noch mehr das Chaos in meinem Kopf. Irgendwelche Begebenheiten, Begegnungen, Gefühle, die noch herumwabern in meinem Körper, nicht zu Ende gefühlt, aber doch halb vergangen. Prozesse, die eben nicht zu Ende sind, offen, unklar. Unerledigte To-dos, nicht fertige Gedanken und Themen. Und Fragen. So viele Fragen…

Wann ist der richtige Zeitpunkt für…

  • eine Entschuldigung? So früh wie möglich. Im besten Fall genau nachspüren, nicht dass du ihn verpasst.
  • einen Urlaub? Manchmal genau jetzt. Oder in zwei Wochen.
  • einen freien Tag? Heute. Spätestens Montag.
  • ein neues Projekt? Immer dann, wenn es zu gut ist, um es nicht zu machen.
  • die große Liebe? Immer. Ich bin bereit, ist vielleicht ne Glaubensfrage. Oder eine Frage von Kommunikation.
  • neue Mitstreiter? Jederzeit. Begleiter, Weggefährten, Freunde – so wichtig!
  • ein Eis? Eigentlich immer. Zur Not von der Tankstelle.
  • eine zweite Chance? Ich glaub, die zweite sollte man immer haben. Danach wird es schwierig mit den richtigen Zeitpunkten.
  • eine Umarmung? Mit den richtigen Menschen: So oft es geht.
  • einen Rückzug? Rechtzeitig. Und lieber öfter kleine Rückzüge, als lange abzutauchen.
  • eine Reise? Die im Kopf sollten täglich drin sein.
  • ein Buch? Lesen? Immer eine gute Idee. Schreiben? Die lasse ich offen. Ich glaub, den richtigen Zeitpunkt dafür gibt es nicht. Es schreibt sich oder es schreibt sich nicht.

Wann sind Dinge abgeschlossen (endgültig)?

Das ist bei Jahren eindeutig. Bei der Buchhaltung. Zahlen, Fakten – da kann man das bestimmen. Aber was ist bei anderen Themen? Wie verwoben sind Menschen miteinander und was passiert, wenn sie sich trennen? Ist das eine Frage der Anzahl der Dinge und Menschen, die sie verbinden? Oder tatsächlich eine Frage der Stärke der Verbindung? Kann man das überhaupt bestimmen?

Es ist ein bisschen verrückt, aber manche Menschen verschwinden einfach aus dem Leben und es scheint, als bliebe nichts übrig. Kein Karton, der übergeben werden muss mit Dingen, die in einen anderen Haushalt gehören. Keine offenen Prozesse, dabei ist doch alles offen, zerrissen. Dabei ist da so viel, das war und das jetzt nicht mehr greifbar scheint. Aber auch das Gefühl, das es richtig war. Halb-abgeschlossen eben.

Und gleichzeitig schieben sich andere Verbindungen in den Vordergrund, sie haben mehr Raum und vielleicht auch mehr Gewicht. Sie ändern sich nicht, man sieht sie nur anders. Für manches nimmt man sich Zeit, für anderes nicht. Das ist weder gut noch schlecht. Es ist.

Wie viele lose Enden verträgt man?

Ich kenne Menschen, denen es sehr wichtig ist, Prozesse zum Jahresende abgeschlossen zu haben. Rechnungen sollen geschrieben und bezahlt sein, alles fein säuberlich geklärt, keine offenen Verbindlichkeiten.

Mein Kopf dagegen ist voller denn je. So viele Dinge und Gedanken, die mich nicht loslassen, die nicht geklärt sind. Verwirrend ist das, daher schiebe ich sie weg. Sie stehen dann Schlange in meinem Kopf, manchmal machen sie Abstecher zum Herzen, wie so ein Kontrollpunkt: Kann ich hier etwas Klarheit finden? (Meistens nicht.)

Überhaupt: Klarheit. Ich mag es, wenn Dinge klar sind. Wenn ich klar bin. Wenn meine Sprache klar ist. Manchmal rede ich und weiß nicht genau, wohin ich eigentlich will. Sehr unklar, sehr wuselig. Ich glaub, das hat jeder mal. Wenn es zu oft so ist, dann braucht es vielleicht Abstand. Jedenfalls hilft es nicht, wenn die Jahreszahl sich ändert. Finde ich.

Was bleibt

Wie so oft habe ich keine Antworten auf die Fragen. Weder für mich, noch für andere, noch für die Welt. Ist ja auch ne Konstante. Vielleicht schreib ich ein Buch darüber. Über die Unklarheit. Suche den Zauber darin. Sich nicht festlegen, nicht fertig werden, nicht ankommen.

Ich denke, für 2024 mache ich mir eine Liste mit unvollendeten Prozessen. Und dann braucht es Mut und Willenskraft, um die Liste zu bearbeiten. Eigentlich hab ich die ja, bei anderen Dingen. Interessant ist es, bei welchen ich hängenbleibe.

Meistens schreibe ich ja darüber. Über den Mut und über die Fragen, die mich bewegen. Bleibt also doch was. Ganz unabhängig von der Jahreszahl. Dann ist nur noch die Frage, welches Format die Gedanken haben sollen. Du siehst, ich bleibe mir treu und ende mit einer offenen Frage – heute ganz leise gedacht.

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

2 Antworten

  1. Oh Du meine liebste Blognacht-Anna,
    Wäre das Leben nicht grausam langweilig, wenn alles zu Ende gedacht oder getan wäre? Ob wir uns fragen, ob Dinge richtig sind wie sie beendet wurden oder man sich fragt, warum sie noch nicht beendet wurden.
    Eins bleibt immer. Die Ungewissheit der Fragen. Auch wenn sie flüsterleise gestellt werden.

    • Oh du mein liebster Küchenfreund Sebastian,
      das hast du aber wirklich schön ausgedrückt – fast poetisch, sehr schön. Ich glaub, ich könnte manchmal mehr Langeweile vertragen, aber gleichzeitig macht mich die Ungewissheit fertig. Wenn mir zu viele Dinge nachhängen, dann ist das oft wirklich volle Leben noch voller. Aber du weißt ja: Ich meckere auf sehr hohem Niveau. Alles wird gut. Danke für deine Rückmeldung 🙂

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