Wie viel Zeit hast du schon verbraucht, um zu lernen, wie du deine Zeit effizienter und produktiver nutzt? Wie viele Bücher und Artikel gelesen, um deine Routinen noch geschmeidiger zu machen, damit dein Tag noch strukturierter wird und du noch mehr To-dos abhaken kannst? Hast du all deine Prozesse dokumentiert und analysiert, geschaut, was da noch rauszuholen ist? Hast du vielleicht einen Stundenplan mit Zeiten für Deep Work und arbeitest mit Timeboxing und Pomodoro? Versteh mich nicht falsch – das ist sicher alles ganz richtig, sich damit zu befassen. Aber übersehen wir nicht, dass die wirklich wichtigen Dinge im Leben einfach so, nebenbei, ungeplant passieren?
Wie viele Leute verdienen ihr Geld damit, anderen zu erklären, wie sie noch besser, schneller und effizienter arbeiten. Ich selbst habe auch Artikel auf meinem Blog, in denen ich erkläre, wie man schneller zu einem vorzeigbaren Blogartikel kommt – ich habe sogar einen Kurs darüber gemacht, wie man Blogartikel in unter einer Stunde schreibt. (Und an alle Zweifler da draußen: Das geht wirklich. Nur nicht so, wie du es bis jetzt gemacht hast.)
Was ist aber mit den inneren Prozessen? Haben wir dafür auch Timeboxen? Können wir uns im Kalender notieren, wann sich Gedanken bilden, setzen, hinruckeln? Und vor allem: Wann sich die Gedanken so weit hingeruckelt haben, dass wir damit weiterarbeiten können? Ich denke nicht.
Kann es nicht sein, dass wir Zeiten der Ineffizienz brauchen, um herauszufinden, was das ist, das wir der Welt geben wollen? Die besten Ideen, Impulse und Tipps kommen doch nicht, während ich so „deep“ wie möglich an einer einzelnen Aufgabe arbeite, sondern eher so zwischendurch. Klar kann man sich Strategien zurechtlegen, Neues lernen und sich immer mehr optimieren. Ich frage mich nur, ob das wirklich zum besten Ergebnis führt. Zum Besten, das wir haben.
Mein Sommer war, wenn man so will, ineffizient. Ich habe zwar meinen Job gemacht, aber nur so weit, wie ich unbedingt musste. Ich habe keinerlei Werbung gemacht für all das, was entstanden ist, was ich tue, habe nicht auf LinkedIn gepostet, obwohl ich doch dort einen Teil meiner Kund*innen gewonnen habe. Habe nicht auf meinem Hauptblog gebloggt, der doch zeigen soll, wie viel Expertin in mir steckt. Und ich habe auch keinen Newsletter geschrieben, den mit den warmen Kontakten, die doch ohnehin nur einen Klick davon entfernt sind, mit mir zu arbeiten.
Stattdessen habe ich viele nutzlose Dinge getan. Ich habe mich bei Mastodon angemeldet und dort völlig planlos geschrieben, gelesen und geteilt. Habe wundervolle neue Menschen kennengelernt, spannende Diskussionen geführt und eine neue Art von Schreiben und Kommunikation entdeckt. Aber ich habe nichts getan, das mir Geld auf mein Konto bringt. Tja. Ineffizient. Meine Blognacht ist weitergelaufen, weiterhin kostenlos, einfach nur gemeinsam schreiben. Da ich kaum Werbung dafür gemacht habe, sind kaum neue Menschen auf mich aufmerksam geworden und dorthin gekommen. Ineffizient. Zeitverschwendung.
Und dann dieser Blog hier. Kleine Artikel, unfertig, ohne Anspruch darauf, etwas zu erklären oder Erkenntnis zu bieten. Hier kann man höchstens mitdenken, mitfühlen und ab und zu mal einen Impuls mitnehmen, ihn für sich umdeuten und anwenden. Meine Texte wollen nichts und tun doch eine Menge. Aber verkaufen sicher nicht. Oder doch?
Das Spannende am Netzwerken, an Kommunikation, an Content, ist doch nicht, nur die Zielgruppe um sich zu scharen, wie ein Guru seine Heilsbotschaft zu verkünden und dann den Geldbeutel aufzuhalten. Es geht doch um viel mehr. Menschen lernen mich kennen, treten mit mir in den Austausch. Und selbst wenn sie nie, nie, nie bei mir kaufen werden, können sie sich doch im richtigen Moment an mich erinnern, wenn jemand auf der Suche nach einer Texterin, Trainerin oder einem Coach ist. Ich wurde schon oft empfohlen von Menschen, die noch nie mit mir gearbeitet haben. Und ganz sicher nicht aufgrund meines Artikels über Pomodoro beim Bloggen.
Es ist kein Zufall, dass es bei mir immer wieder Phasen gibt, in denen ich ineffizient bin, in denen man nichts oder nur wenig von mir hört. Dann ruckelt sich etwas zurecht, es entstehen neue Gedanken (und Texte), die mich wieder ein Stück weiterbringen. So war dieser Sommer.
Neue Sicht auf Schreiben
In diesem Sommer, in dem ich so wenig geschrieben, mich schwergetan habe, ist viel entstanden. Vielleicht ist es noch nicht sichtbar, kommt erst nach und nach durch. Aber das wenig war notwendig, um für mich wieder eine neue Idee von mir, meiner Arbeit und dem, was mir wichtig ist, zu bekommen. Denn die besten Dinge passieren nicht bei der Arbeit, sondern in Zeiten, in denen wir vielleicht mehr als sonst aus dem Fenster schauen. Oder mehr „nichts“ tun. In Zeiten, in denen wir frustriert sind, weil nichts klappt. Und neue Dinge probieren, um überhaupt was zu tun.
Ich kann das Buch jetzt schreiben, im Mai, Juni, Juli konnte ich es nicht. Und ich schätze, danach, wenn das Projekt erledigt ist, kann ich auch wieder an meinem Hauptblog arbeiten, der ja jetzt gerade brachliegt. Dann werden neue Ideen, Angebote, Themen kommen, die sich gerade zurechtruckeln. Ich vertraue darauf, so wie ich es immer tue. In diesen Zeiten, in denen nichts geht, mag das stressig und anstrengend und frustrierend und ätzend sein. Aber diese Phasen braucht es, um Neues zu entwickeln. Um besser zu werden.
Das Buch sollte noch in diesem Jahr erscheinen, ich fand die Idee toll und gleichzeitig mochte ich die Herausforderung. So wird es erst 2024 kommen, weil ich mich so verschätzt habe, wie es wirklich ist, ein Buch zu schreiben. Aber so wird das kommende Jahr vielleicht das, in dem wieder Neues entstehen darf. Während 2023 eben das Jahr ist, in dem ich ineffizient bin.
Dafür habe ich wieder etwas über mich gelernt, über mein Schreiben, über das, was mir wirklich wichtig ist. Und ich vermute, das ist das Beste, was ich geben kann. Meine Ideen, meine Learnings und auch meine Fails – das gehört eben mit dazu.
Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.
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