Da, wieder ein Daumen. Noch ein Herz und noch ein Kommentar – meine Güte, bin ich wichtig! Ja, teilt meine Texte, lest mich, liebt mich! Wir halten uns manchmal für den Nabel der Welt, wenn wir da so unsere Texte in die Welt bringen, dabei sind wir nur kleine Lichter, unser Alltag voller Banalitäten…
Wir überschätzen Erlebnisse, überschätzen Wirkung, überschätzen Bedeutsamkeit, überschätzen uns selbst.
In den vergangenen Tagen habe ich die 26. Folge von Schokolade fürs Ego geschnitten, da ging es um „Notfall-Schokolade“, also wie wir nach einem richtig miesen Tag vielleicht doch noch Schokolade finden. Ich sage es an der ein oder anderen Stelle: Ein einziger bescheidener Tag ist eben nicht mehr als ein Fliegenschiss in unserem Leben, geschweige denn im Verlauf der Welt. Das so hochzuhängen, finde ich vermessen.
Genauso ist es mit den Texten. Wenn ich diese ganzen Tipps auf LinkedIn lese, was Menschen tun sollen, um ihre Reichweite zu erhöhen… Mir wird immer ein bisschen schlecht. Verbindung nach automatisiertem System – auch geschäftliche Verbindung – kann doch nicht gut sein. Sie arbeiten sich also ab, um mit immer mehr Menschen „in Verbindung“ zu kommen, dabei können sie sich gar nicht mehr einlassen auf ihr Gegenüber, in ihrem System.
Aber sie fühlen sich wichtig, mit ihren 100.000 Views. Ich kann das so gut nachvollziehen, denn ich bin ja selbst auf dieser Welle gesurft. Ein paar meiner Posts drüben auf LinkedIn hatten deutlich über sechsstellige Aufrufe, das ist bei meiner Account-Größe schon außergewöhnlich. Und egal, ob nun Zustimmung oder Ablehnung kam – ich war so sichtbar, Wahnsinn!
Nur: Gesehen war ich nicht.
Es ist alles sehr banal, was wir da oberflächlich tun, um irgendwelche Ziele zu erreichen. Text kann verbinden, Text kann uns träumen lassen, einsinken in andere Welten. Aber die echten Verbindungen kommen doch nicht, weil unser Text 100.000 Mal in den Blick von irgendwelchen Menschen gelangt ist.
Wenn Text wirkt, dann kriegen wir es meistens gar nicht mit, denn das passiert im Inneren der Leser*innen. Und die echten Verbindungen kommen, wenn wir uns in die Augen schauen und echtes Interesse am Gegenüber haben – nicht nur zeigen.
Was ist denn schon bedeutsam? Kaum etwas von unseren banalen Erlebnissen, oder? Auch meine Gedanken hier sind nur Fliegenschisse in meinem Leben – und auch in deinem, selbst wenn du daran anknüpfst.
Aber ein Tag auf dem Spielplatz, einer, an dem du nicht nach Hause willst, lieber noch ein Eis holen, bevor du dich abgekämpft und glücklich auf den Weg machst… Diese Stunden können die Welt bedeuten. Und gleichzeitig banal sein.
Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.
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