Ich ertappte mich dabei, wie ich immer wieder zum Briefkasten runterlaufen wollte. Zwei Stockwerke runter, um zu schauen, ob ich schon eine Antwort bekommen habe. Natürlich fand ich einen leeren Briefkasten vor, so schnell würde das nicht gehen. Aber vielleicht ja doch? Diese Aufregung, die ich empfand, wuchs immer mehr an. Tag für Tag, dann das Wochenende. Der Montag, an dem hier nie Post gebracht wird. Und dann, gestern, wollte ich los, um Junior abzuholen, warf ganz kurz noch einen Blick in den Briefkasten… Und da lagen sie. Zwei Briefe. Keine offiziellen Schreiben, keine Rechnungen. Ich wusste sofort, welcher der Briefe von wem war. Ich machte den Briefkasten wieder zu und ging los, um Junior abzuholen.

Ich glaube, so aufgeregt bin ich selten, wenn ich eine Messenger-Nachricht oder eine E-Mail erwarte. Klar, auch da macht es manchmal Herzklopfen, wenn sich der richtige Mensch meldet und man schöne Worte zugeschickt bekommt. Aber diese Aufregung am Briefkasten ist anders.

Vielleicht schon die Handbewegung, die einfach einen anderen Rahmen hat, eine andere Größe. Oder das Ungewohnte daran, denn im Briefkasten sind ja leider selten schöne Briefe – wenn überhaupt. Bei mir bleibt der an den meisten Tagen einfach leer. Alles digital.

Kurz dachte ich an früher, als ich mit meinem damaligen Freund zusammengezogen war und er mich morgens gern mit einer Tasse Kaffee weckte, bevor er zur Uni oder in die Werkstatt fuhr. Und meistens gab es dazu eine kleine Nachricht. Er wusste, dass ich als Morgenmuffel sie erst würde lesen können, wenn ich den Kaffee getrunken habe, aber dann habe ich mich immer sehr gefreut. Es waren immer andere Botschaften, nur kurz, aber dafür umso schöner. Damals war ich aber nicht aufgeregt, es war eher so ein Gefühl von „er kennt mich und ich werde sehr geliebt“.

Die besondere Geste

Ich denke, es ist das Außergewöhnliche, das die Aufregung verstärkt. Richtige Briefe – die bekommt man nicht einfach so, besonders heute nicht mehr. Da nimmt sich jemand Zeit und macht sich Gedanken und wählt ganz bewusst nicht den einfachsten und schnellsten Weg.

Denn Briefe schreiben und verschicken ist eben auch eine Frage von Zeit. Ich stecke den Brief vor 15 Uhr in den Postkasten und weiß: Morgen oder übermorgen kommt er an. Aber was dann? Dann liest der Empfänger oder die Empfängerin. Macht sich Gedanken über den Text, die Botschaft, die Antwort. Dann muss diese Antwort auch noch geschrieben und verpackt und frankiert werden. Und braucht auch wieder ein, zwei Tage bis zu mir. Und wann genau geschrieben und verschickt wird, weiß ich ja nicht. Niemals würde ich erwarten, sofort eine Antwort zu bekommen.

Sehr viel Zeit also, um aufgeregt immer wieder zum Briefkasten zu laufen. Ich mag das gerade sehr, weil es so anders ist.

Auch zum Lesen nehme ich mir mehr Zeit. Das war auch gestern so. Da habe ich die Briefe erst aus dem Kasten genommen, als ich zurückkam. Dann ganz in Ruhe Kaffee gekocht, die Vorfreude genossen. Und dann gelesen. So schön!

Also bei allem Verständnis für die Idee, Ressourcen sparen zu wollen – eine E-Mail hat nicht die gleiche Wirkung. Die Aufregung macht das Ganze noch wertvoller für mich. Ein bisschen wie Weihnachten.

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

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