Am Wochenende bin ich über einen Text gestolpert, in dem es darum ging, dass eine Frau ihre (nebenberufliche) Selbstständigkeit wieder aufgegeben hatte. Ganz viele Gründe hätten zu dieser Entscheidung geführt, schreibt sie. Die Situation war so ähnlich wie meine, nur dass sie nen Ehemann und nen Brotjob statt des Studiums hat. Daher musste ich auch schlucken, als ich den Artikel gelesen habe. Denn meine Selbstständigkeit sah nach zwei Jahren nicht besser aus als das, was sie da auf ihrem Blog beschrieben hatte. Und doch habe ich weitergemacht. Vielleicht, weil ich so stur bin. Oder weil ich dieses Spiel gewinnen wollte. Ich scheitere ständig, aber ich komme voran. Und das hätte ich nicht wegwerfen wollen.
Zwei Jahre gibt man sich also, damit das Business läuft. Dann hat man es geschafft. Und wenn nicht, dann lässt man es halt wieder. Versteh mich nicht falsch. Man kann immer merken, dass es nicht das Richtige war. Aber ich glaub halt, dass man das nach zwei Jahren noch gar nicht wissen kann.
Mein Gewerbe hatte ich Ende 2014 angemeldet, also wurde es ganz offiziell Ende 2016 zwei Jahre alt. 2016 war aber das härteste Jahr von allen, ich habe fast nichts verdient. Und auch 2017 war noch wirklich schwergängig. Klar, alles immer „nebenher“. Neben dem Studium, neben meiner Arbeit als alleinerziehende Mutter. Neben allem.
Ich glaub, ich habe fünf Jahre gebraucht, bis mein Business einigermaßen lief. Dann kam Corona. Das hat mich an den Rand eines Zusammenbruchs gebracht, aber finanziell war es nicht das schlechteste Jahr. Und so richtig, also so richtig richtig, mit Wohlfühlen und angekommen sein in meiner Arbeit… Das hat acht Jahre gedauert. Acht.
Darf man das erzählen? Ist das dann überhaupt ein Erfolg, wenn man so lange gestrampelt hat? Für das, was man irgendwann mal gestartet hat?
Ich hätte auch aufgeben können nach zwei Jahren. Bachelor fertig, Kind in der Kita, ich hätte schon was anderes gefunden. Hätte meine Blogs einstampfen und ein bisschen als Corporate Influencerin für irgendeine Agentur Geschichten auf LinkedIn erzählen können.
Richtig gut wurde es erst, als es gut werden musste
Nach zwei Jahren hatte ich gerade mal eine ganz grobe Idee davon, wie Selbstständigkeit geht. Wie meine Idee funktionieren könnte. Niemals hätte ich sagen können: Das ist etwas für mich oder eben nicht.
Und ich kann sagen: Dieses „nebenbei“ hat dazu geführt, dass ich immer ein bisschen unter meinen Möglichkeiten geblieben bin. So richtig gut wurde es erst, als es musste. Kein nebenbei, kein BAföG, immer noch kein Ehemann. Nur noch meine Einnahmen, um Juniors und meinen Lebensunterhalt zu finanzieren.
Ab da habe ich verkauft. Und gerödelt wie ne Irre. Und ich hatte so oft Kopfschmerzen. Aber ich hab es immer irgendwie geschafft. Weil ich weitergemacht habe. Meine Geschichte ist eine Geschichte über das Dranbleiben. Bis meine Mutter zu mir sagte „ich bin stolz auf dich“ mussten neun Jahre vergehen. Neun Jahre bis zur Anerkennung, dass das keine Schnapsidee war, sondern eine ernsthafte Unternehmung.
Und dann lese ich diesen Text, lese wie sich diese Frau so klein macht und aufgibt. Nach zwei Jahren. Ich weiß nicht ob mich das eher traurig oder wütend macht. Denn einen der Punkte für ihre Entscheidung, den hatte ich nie: Den Mann, der nicht unterstützt. Der sagt: Was bringt die ganze Arbeit denn? Oder der seine eigenen Termine durchsetzt, ohne zu fragen, während sie ihn bitten muss, wenn sie selbst welche hat. Hatte ich nie. Ich musste nur mich selbst und mein Netzwerk fragen.
Vielleicht die bessere Wahl. Und da wundert sich noch jemand, dass ich sehr zufrieden mit diesem Status bin, dem „mach ich allein“. Ich kenne so viele clevere Frauen, die unter ihren Möglichkeiten bleiben, weil sie Mütter und Ehefrauen sind und ihrem Mann den Rücken freihalten. Klar, jedem das seine. Oder jeder das ihre. Bloß ist das wirklich ungerecht, finde ich.
Wir können so viel schaffen, auch wenn es länger dauert. Aber es braucht einen Willen und die Unterstützung von Menschen, die an uns glauben – gerade dann, wenn wir es selbst (noch) nicht können. Danke an meine unterstützenden Menschen, dass ihr immer an meinen Erfolg geglaubt habt. Freunde, Partner, Netzwerkpartnerinnen, Kundinnen, die zu Unterstützern und Multiplikatoren wurden. Danke.
Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.
5 Antworten
[…] Annas Geschichte über das Aufgeben oder eben nicht heute finde ich sehr iinspirierend. […]
Zwei Jahre. Nach zwei Jahren in der Selbstständigkeit habe ich gerade entschieden, dass der Grund, warum ich mich selbstständig gemacht, der Weg, den ich gehen wollte, nicht mein Weg war und habe mit diesem Weg dann aufgehört und war dennoch weiter selbstständig. Habe dann noch einen Minijob nebenbei gemacht, damit ich von irgendwas leben konnte, habe mich in ein Studium gestürzt, was aber auch nicht wirklich das richtige für mich war, was ich aber erst in Corona-Zeiten festgestellt habe und war dennoch irgendwie die ganze Zeit selbstständig. Und ich glaube, ich weiß immer noch nicht so wirklich, was ich machen will, dennoch reicht der Verdienst aus meiner Selbstständigkeit irgendwie, auch wenn es immer noch sehr wenig ist. Ich mache dennoch weiter, weil eine Festanstellung für mich noch weniger ist, weil ich maximal zwei Jahre irgendwo aushalten würde, bevor mich die immer gleichen Tätigkeiten nerven und ich rauswill. Da ist mir die Selbstständigkeit schon lieber, weil die kann ich einfach erweitern, wenn ich was Neues machen möchte und halte mir dennoch die Tür offen, auch das Alte weiterhin zu tun.
In den ersten zwei Jahren habe ich vielleicht 3.000,- Euro verdient. Also insgesamt, nicht pro Jahr 😉
Ja ich glaube, es steckt eine große Chance darin, dass man seine Arbeit so frei gestalten kann. Und gleichzeitig ist es auch unübersichtlich für alle, die es gern ganz genau nehmen. „Wofür stehst du jetzt noch mal genau?“, fragen sie (das konnte ich nur eine sehr kurze Zeit lang eindeutig beantworten, hat aber zum Glück gereicht, dass die Leute mich mit Schreiben und Bloggen verbinden).
Was wir machen wollen und was wir dann wirklich machen, sind ja auch wieder zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich habe in den ersten Jahren so viele wirklich bescheidene Projekte gemacht, nur fürs Geld. Das, was ich wirklich machen wollte, hab ich erst nach drei, fast vier Jahren gemacht. Daher sag ich ja: So eine Unternehmung braucht Zeit und Willen und Durchhaltevermögen.
Aber was mich dann ja doch interessiert: Der Grund, weshalb du dich selbstständig gemacht hast – wieso hattest du das Gefühl, dass es doch nicht dein Weg ist?
Damals, 2010, war ich gerade mit meinem Abitur fertig. Ich habe es auf der Abendschule nachgeholt und wollte dann bei meinem Onkel im Unternehmen mitmachen. Auf die Idee hatte mich mein Onkel gebracht, war also nicht meine, nur leider konnte er nicht loslassen. Ich saß dann dort im Büro, habe Däumchen gedreht, mich um diese Dinge im Internet gekümmert, nur von den eigentlichen Aufgaben hat er dann doch nichts abgegeben. Ich habe also weder was gelernt, noch sah ich – eben weil er nichts abgeben konnte – die Zukunft für mich in dieser Unternehmung. Und so bin ich dann irgendwann abgebogen, habe klar gesagt, dass ich nicht wirklich weiß, was ich dort soll, wenn ich weder Angebote schreiben darf noch sonst irgendwas lerne und habe dann noch ein paar Jahre die EDV betreut. Nebenbei habe ich dann geschaut, was mich interessiert, habe das Studium begonnen, was ich dann nie beendet habe und suche eigentlich immer noch, obwohl ich in der Zwischenzeit schon sehr viele interessante Dinge gemacht habe, bzw. machen durfte.
Oje, ist das jetzt eigentlich die Antwort auf die Frage?
Ja, irgendwie schon. Die Vorstellung, man könnte was lernen und seinen Horizont erweitern, ist sicher ein großer Antrieb für eine bestimmte Gruppe Menschen. Für mich ja auch – ich brauche die Abwechslung, den Austausch. Würde ich immer die gleichen Dinge tun (müssen), würde ich eingehen. Und spannend ist ja, dass wir oft nicht genau wissen, wohin unsere Energie wandern soll, weil es so viele Möglichkeiten gibt. Die große Freiheit. Die interessanten Sachen aus dem vorletzten Satz versöhnen mich ein bisschen mit der Story – klingt nach der guten Perspektive. Und definitiv ein Weg, der keine Gerade ist – das sind aber die erzählenswerten Geschichten!