„Wie viele Wörter hast du heute geschrieben?“, fragte sie mich am Dienstag. Und ich fühlte mich ertappt, erdrückt, ein bisschen gedrängt. Denn ich hatte nicht geschrieben. Aber ich hatte keine Erklärung dafür, warum nicht. Mein erster Gedanke: Es sind so viele Dinge unklar, die blockieren mein Gehirn. Ich brauche erst Klarheit bei all diesen Dingen, bevor ich wieder schreiben kann. Ist natürlich gelogen. Ganz klar. Ein bisschen wie in der Geschichte vom kleinen Tiger und vom kleinen Bär.

In Janoschs Geschichte „Ich mach dich gesund, sagte der Bär“ muss der kleine Tiger ins Krankenhaus für Tiere, denn ihm ist ein Streifen verrutscht. Dort trifft er auf den Fuchs, der ja gern mal flunkert, besonders dann, wenn es um seine Gänse oder Hühner geht.

„In Zimmer Numero 5 lag auch der Fuchs. Pfote gebrochen. Er sagte, er habe mit dem Löwen gekämpft und habe ihn besiegt. War aber gelogen. hatte Hühner stehlen wollen, hatte sich die Pfote in der Tür eingeklemmt. Pfote gebrochen, Krankenhaus, Gipsverband, Sense aus.“

Wie so oft ist die Geschichte, die wir erzählen, nur ein hübscher Anstrich. Die Wahrheit ist leider oft allzu naheliegend. Wie beim Fuchs. War blöd, tut jetzt weh.

So fühle ich mich auch gerade. Ich kann ganz viele Ausreden erfinden und coole Geschichten, das hilft aber nicht weiter. Und wenn ich nichts tue, kanns auch nicht wieder gut werden.

Kleine Spritze, blauer Traum, Tiger geheilt

So einfach hätte ich es gern. Aber das geht wohl nur im Krankenhaus für Tiere. Und wenn ich es ganz genau betrachte, dann ist die Lösung auch gar nicht die Anstrengung.

Denn dass Tiger und Bär im Krankenhaus Hilfe bekommen, geht nur, weil sie sich auf den Weg gemacht haben. Weil der Bär den Tiger getragen hat, als er nicht laufen konnte. Weil die Tante Gans da war und Gänsewein gebracht hat. Und weil so viele Tiere die beiden auf dem weiten Weg begleitet haben.

Ich habe also darüber nachgedacht, wer mein Bär ist, der mich gesund macht. Und wer mich begleitet, wenn mir gerade der Streifen verrutscht ist.

Und das Tolle ist: Ich bin fündig geworden. Es sind ganz viele. Einige habe ich jetzt gebeten, mich ständig zu fragen und anzustupsen. Um das Gefühl zu haben, dass ich nicht allein bin.

Für die passenden Rahmenbedingungen sorge ich selbst, das ist klar. Schreiben muss ich selbst. Kreativ sein, strukturiert sein – das sind doch meine Stärken. Das bekomme ich hin.

Aber ich brauche eine Gruppe, die mich begleitet. Menschen, die sich mit mir freuen und auch mit mir ärgern, die mich zur Not auch bis ins Krankenhaus für Tiere begleiten. Auch wenn der Weg weit ist.

Ich bin nicht allein, das ist gut so. Und ich weiß: Diesmal werde ich den Erfolg nicht allein feiern. Damals war das so, 2020. Und das war nicht schön. (Nachlesen? Geht! Wohin mit der Freude? Eine Bestandsaufnahme)

Ich mache es anders. Weil ihr da seid.

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