„Was ist das beste nichtsexuelle orgasmus-ähnliche Gefühl?“, fragt Martin Gommel auf Twitter (ja, für mich bleibt das Twitter) und natürlich bleibt diese Frage nicht unbeantwortet, wir ticken ja doch alle ähnlich. Und sofort fängt die Frage an, in meinem Kopf zu arbeiten. Dieser Kopf kann ja eh nicht aufhören, sich selbst Geschichten zu erzählen.
Also sehe ich mich sonntags im Bett, mit einem Kaffee, schreibend, lesend, lächelnd. Ich sehe mich durch den Wald laufen, langsam und schnell, sehe mich in den Himmel schauen und etwas Blau entdecken… ist da ein Sonnenstrahl auf meinem Gesicht? Ich sehe mich Lach-Flashs haben mit lieben Menschen, so herrlich albern. Ein Spiel gewinnen, ein Rätsel lösen. Ich sehe, wie sich Anspannung löst in mir, in meinem Gesicht, und ich endlich annehmen kann, dass ich was richtig gut gemacht habe. Ich sehe mich, wie ich anderen eine Freude mache und dabei zuschaue, wie sehr sich da Überraschung und Freude und Glück in ihren Gesichtern abwechseln. Da ist meine aufgeräumte und geputzte Küche, sie sieht nie lange so aus, aber wenn…. uuuuuhhh. Und ich sehe mich, wie ich Geschichten lausche und schon im Augenblick bemerke, dass sich dieses Erlebnis in mein Gedächtnis einbrennen wird.
Klar, so ein Orgasmus ist super, aber es gibt so viele tolle Dinge, die sich nach Höhepunkt anfühlen. Heute sagte Junior zu mir: „Mama, bei dir fühle ich mich sicher.“ Und ich strahlte. Nicht erschöpft und außer Atem, aber so tief zufrieden in mir, mit mir. Dass ich solche Sätze hören darf, bringt mich zu dem Gedanken: Wow, ich habe das verdammt gut hingekriegt.
Glücksgefühle
Ich scrolle durch die Antworten unter dem Tweet von Martin und klar, da muss man den Kontext mitdenken, denn Martin Gommel schreibt für Krautreporter unter anderem über Depression und psychische Gesundheit. Er ist selbst betroffen und will aufklären. Ich vermute also, ihm folgen viele Menschen, weil sie ebenfalls mit psychischen Erkrankungen zu tun haben, sich für dieses Thema interessieren. Ich übrigens auch, ich mag, wie klar und hartnäckig Martin dieses Thema behandelt. Er beschreibt, aber erzählt auch sehr offen. Richtig gut. Aber letztlich ist die Bandbreite an Antworten riesengroß, eine Sammlung von kleiner Schokolade fürs Ego.
Was schreiben die anderen also? Da ist von A bis Z alles dabei. Eine Auswahl: Einen Berg besteigen, Eisbaden, Niesen, Kopfkraulen (also bekommen), Kuchen, das Gefühl nach (hartem) Training im Gym, Beschleunigung, Blick aufs Meer (nach langer Zeit), ein Buch kaufen und die damit verbundene Vorfreude, wenn dich etwas (zum Beispiel ein Song) mitten ins Herz trifft und dich bewegt, die Nachricht „krebsfrei“, Schuhe oder BH nach einem langen Tag ausziehen zu können, Lachen bis die Tränen laufen, eine Entscheidung getroffen und umgesetzt zu haben, das Gefühl nach der Geburt eines Kindes, eine wichtige Prüfung bestehen oder schwere Aufgaben meistern, essen, das Gefühl wenn der Schmerz nachlässt, die Freiheit, die eigenen Gefühle zu spüren, nach langer Krankheit das erste Mal wieder essen, wenn das Gedankenkarussell aufhört und Entspannung eintritt, wenn einem bewusst wird, welch großartige Freunde man hat, ein Sieg des Lieblings-Fußballvereins, der Applaus nach einem gelungenen Konzert, Zieleinlauf beim Marathon, Fliegen, Schwimmen, das Gefühl von Geborgenheit, Tanzen, Achterbahn fahren, und und und.
Wie schön, so eine Liste zu lesen und ständig zu nicken. Zu denken: Ja, das ist auch für mich großartig. Ja, das ist richtig gut und JA, das will ich auch mal wieder. Liebe für diese Frage und alle Antworten.
Den Moment nicht entwischen lassen
Wie oft haben wir so richtig gute Gefühle und lassen sie einfach vorbeiziehen? Ich glaube, das passiert viel zu oft. Aber vielleicht können wir demnächst einmal ganz bewusst darauf achten, diese Augenblicke nicht entwischen zu lassen. Ich schreibe manchmal über meine – das ist auch ein Mittel, um sie festzuhalten, so banal sie manchmal sein mögen.
Wir bestimmen ja zum Glück selbst, was wir als wichtig erachten. Und was uns glücklich macht. Oder eben mehr als glücklich, wenn der ganze Körper sich freut, der Puls hochgeht und wir kurz vergessen, wo wir sind.
Danke für diesen Impuls, lieber Martin Gommel. Ich habe wieder Gründe für mich gefunden, noch bewusster auf mein schönes Leben zu schauen.
Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.
Keine Kommentare bislang