Heute waren Junior und ich auf dem Wackelpeter, dem großen Kinderkulturfest, das immer am letzten Sonntag der Sommerferien hier in Bielefeld stattfindet. Trampolin, Glücksrad, Kinderschminken, Kettcar fahren, herumtoben, auf der Bühne Musik für Kinder, Zirkus, Theater und vieles mehr. Aber Junior ist immer am meisten darauf bedacht, ob wir auch Pommes essen gehen.

Mein Junior ist in manchen Bereichen ein spezieller Fall. Zum Beispiel strukturiert er seine Tage nach den Mahlzeiten. Ein Tag, der mit Toast beginnt, ist anders als ein Tag, der mit Porridge beginnt. Es gibt Tage, die unbedingt mit Pizza enden sollen und solche, an denen es Kohlgemüse geben muss. Wichtig dabei ist, dass er das vorher weiß, denn so kann er sich auf die Strukturen, die mit den verschiedenen Mahlzeiten einhergehen, vorbereiten.

Was das bedeutet, kann man am besten sehen, wenn man mit Junior auf ein Stadtteilfest, einen Flohmarkt oder eine Kirmes geht. Meistens interessiert er sich nämlich nur am Rande für das Programm, die Attraktionen, die Fahrgeschäfte. Wichtiger ist, wann es die Bratwurst oder die Pommes gibt.

Pommes sind nicht verhandelbar, alles andere schon

Der Stiftsmarkt in Bielefeld Schildesche ist so ein Event, auf das ich sehr gern gehe. Ich bin da vielleicht ein bisschen melancholisch, der Besuch erinnert mich an meine Kindheit und wie sehr ich damals den Flohmarkt und das Karussell fahren geliebt habe. Das war damals „mein“ Stadtteil und es war immer schön. Für mich wegen der Attraktionen.

Für Junior ist das egal, Hauptsache es gibt dort Pommes. Das geht sogar so weit, dass er mich auf dem Leineweber-Markt (das ist ein großes Fest in der Bielefelder Innenstadt) gefragt hat, wann wir denn nun endlich Bratwurst essen können. Die Frage kam nach etwa 5 Minuten, als wir noch nicht mal wirklich etwas vom Fest gesehen hatten.

Junior und die Pommes: klarer geht es nicht

Versteh mich jetzt nicht falsch: Ich finde Juniors Klarheit super. Er weiß, was er will und auch, was er nicht will. Ich muss ihn nicht zu fünf verschiedenen Attraktionen schleifen, ihm vorschlagen, zum Riesenrad, zum Karussell und zum Autoscooter zu gehen. Er will das ja sowieso nicht. Was er will, ist klar und er kommuniziert das auch so.

Was ich dann nur noch tun muss: Entscheiden, was ICH will und in welcher Reihenfolge. Wenn ich gern über den Flohmarkt schlendern will, sage ich das und wir finden eine Zeit, in der das gut klappt. Wenn ich einen Kaffee will, können wir gemeinsam überlegen, ob wir das zum Beispiel mit seinen gewünschten Pommes koppeln können. Und wenn er dann doch mal Lust auf Karussell fahren hat, finden wir auch dafür eine Möglichkeit in unserer Planung. Es ist ganz einfach.

Strukturen, die Sicherheit geben

Junior ist damit das Gegenprogramm zu Menschen, die sagen: „Ist mir egal, was wir machen.“ Das liebe ich sehr (an ihm). Denn ich mag es einfach, wenn Menschen ganz klar benennen können, was sie brauchen, um einen guten Tag zu haben oder eine gute Zeit. Und wenn das Essen ist, dann ist das doch sehr gut umsetzbar (es sei denn, es gibt keine Pommes, was sehr unwahrscheinlich ist auf einer Kirmes oder einem Fest.

Ich mag Menschen, die klar sind. Die wissen, was sie wollen, was sie können und auch, was nicht können. Und die das auch nach außen zeigen und kommunizieren. Was das angeht, ist Junior schon ziemlich weit gekommen mit seinen 9 Jahren. Klar, der hat auch Tage, an denen er nicht weiß, was er will, aber dann sagt er das auch und wir suchen nach einer Lösung für dieses „Problem“.

Stellen wir uns vor, Menschen könnten klar benennen, wenn sie etwas stört oder wenn sie etwas brauchen. Anstatt blindlings zu reagieren, könnten sie könnten sie sagen, was ihnen Sicherheit gibt und dementsprechend handeln. Vorbeugen, damit erst gar keine Unzufriedenheit entsteht. Wüssten die Menschen zum Beispiel, dass es sie beruhigt zu wissen, was es zum Abendessen gibt, dann könnten sie sich ja darauf einstellen, dafür sorgen, dass zumindest an dieser Stelle die Unsicherheit verschwindet.

Ja, solche Gedanken bewegen mich heute. Welche Strukturen mir selbst Sicherheit geben und wie ich so für mich sorge, dass ich sie herstellen kann. Darauf kaue ich jetzt noch ein bisschen herum, denn ich hatte ja nur Pommes heute Mittag und so richtig satt machen die nicht…

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