Der Kopf macht manchmal verrückte Sachen. Manchmal auch solche, die gar nicht gut sind. Wenn da zu viel Unruhe ist, so viel, dass der Körper gar nicht mehr runterkommt. Wie genau das dann aussieht, ist natürlich unterschiedlich. Bei mir ist es so, dass in stressigen Zeiten mein Herz aus dem Rhythmus gerät. Einfach so, ohne direkten Auslöser. Manchmal ist das so, während ich einfach nur in langsamem Tempo herumlaufe, spazieren gehe. Oder sogar wenn ich gerade sitze, also definitiv nichts körperlich Anstrengendes tue. Ich möchte gern kämpfen oder flüchten, mein Körper ist bereit, nur gibt es gar nichts, vor dem ich weglaufen könnte. Eigentlich schade. Das wäre doch besser. Zu wissen: Jetzt werde ich gefressen. Oder halt nicht. Aber wenigstens wüsste ich, dass es vorbeigeht.

Herzklopfen ist ja eigentlich was Schönes. Vor Aufregung, vor Freude, dann hüpft das Herz, es pocht – Junior freut sich ja auch immer, wenn das Herz noch schlägt. Ein gutes Zeichen. Bloß wenn das dann nicht wieder aufhört, dieses Wummern, dann ist es nicht so gut. Dann schlägt das Herz bis zum Hals, aber über Stunden hinweg. Das soll so nicht sein. Und was macht man dann? Entspannen natürlich. Auf Knopfdruck. Ich habe nur noch nicht herausgefunden, wie das geht.

Mein Herz schlägt für ziemlich viele Dinge – und Menschen. Ich kann allerdings nur dann so richtig an Aufgaben arbeiten und mich auf Begegnungen einlassen, wenn ich fit bin. Also wenn ich im Rhythmus bin mit mir selbst und all dem anderen da draußen. Ich weiß noch, wie heftig die Migräne-Attacken mich früher lahmgelegt haben. Jeden Monat zwei bis drei Attacken, so heftig, dass ich in die Knie ging. Da war ich auch jedes Mal wieder aus dem Rhythmus, musste kürzer treten. Jetzt ist das viel weniger geworden, nur noch ein, zwei Tage pro Monat, ich dachte, das sei ein gutes Zeichen. Habe also auch nicht mehr kürzergetreten. Dafür macht jetzt mein Herz, was es will. Schon komisch. Der Körper bremst mich, und das, obwohl es doch eigentlich der Kopf ist. Alles Einbildung. Hm.

Wenn ich könnte, wie ich wollte, dann wären da nicht so viele offene Prozesse. Dann gäbe es Klarheit an allen Fronten, ich finde ja nichts so entspannend wie Klarheit. Weil ich nicht gut abschalten kann, will ich doch wenigstens wissen, was Sache ist. Dann kann ich Dinge händeln, dann weiß ich, was zu tun ist. Und wie lange etwas zu tun ist. Denn es würde mir gar nichts bringen, einfach mal nichts zu tun. Das schließt ja die Prozesse nicht, im Gegenteil. Die To-do-Liste wird nur immer länger. Und die ist in meinem Kopf.

Wenn also mein Herz für so viele Dinge und Menschen schlägt, dann hört mein Kopf nicht auf, an diesen Dingen zu arbeiten. Das kann schön sein, denn er erfindet dann Geschichten und Gespräche, denkt Prozesse weiter, spielt mit Möglichkeiten herum, die mich begeistern und motivieren.

Oder aber es kann auch anstrengend sein, wenn ich nicht loslassen kann, Probleme von allen Seiten betrachte und Entscheidungen so lange mit mir selbst diskutiere, dass sich jede Lösung wie eine Strafe anfühlt. Nicht cool. Also, liebe Kinder: Nicht nachmachen!

Wie fühlt es sich nämlich an, ein Projekt einfach nicht weiterzumachen? Zum Beispiel ein Podcast, der keine neuen Folgen mehr bekommt. Oder ein Blog, auf dem keine neuen Beiträge erscheinen. Oder ein Newsletter, in den sich zwar Menschen eintragen, dann aber keine Mails bekommen. Und klar, das bringt mich alles nicht um, macht mich nicht arm. Aber es pingt die ganze Zeit in meinem Kopf: Da ist noch was zu tun! Das hast du doch vorher auch geschafft! Warum jetzt nicht mehr? Und so weiter.

Daher: Einfach aufhören ist auch nicht gut. Es hat dann kein Ende, keinen Abschluss. Keine Pause. Zumindest keine echte.

Mein Herz schlägt für Sprache und Geschichten. Für echte Menschen, die ihre echten Geschichten erzählen. Die dafür vielleicht noch die passenden Worte suchen. Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich einfach mit Menschen an ihren Texten arbeiten. Scheiß auf Bezahlung, scheiß auf Buchhaltung, scheiß auf Werbung, auf Akquise, auf Verkauf, einfach nur Texte besser machen und Botschaften klarer. Ich weiß ja, was mich motiviert, das ist nicht das Problem. Klingt jetzt, als sollte ich ein Team aufbauen, damit ich nur noch das machen kann, oder? Stimmt aber nicht, das würde mich dann auch nach einer Weile wieder langweilen.

Was also ist das, was mein Herz so aus dem Rhythmus geraten lässt? Ungeklärte Fragen, auf die ich aber keinen Einfluss habe. Probleme, die nicht meine sind, aber meine werden könnten. Dazu offene Prozesse, die mich beschäftigen, aber nicht mehr so richtig fordern. Und außerdem fehlt mir etwas, das mich so richtig, richtig begeistert. Ein neues Thema vielleicht, in das ich meine Energie stecken kann. Das kann ich aber nicht herbeizaubern. Vielleicht findet es mich, aber noch lässt es auf sich warten. Ist ja auch eigentlich gar keine Energie dafür da, ne?

Also, was tun? Einfach weiter. Die wunderbare Ruth Konter-Mannweiler sagte heute: Ein bisschen geht immer. Nach und nach die Prozesse schließen. Und ein bisschen darauf hoffen, dass mein Herz sich wieder einkriegt, denn so richtig bedroht bin ich ja nicht. Und bis alles wieder im Takt läuft, können wir gern hier oder an anderer Stelle über Text diskutieren, über das Leben, über Herzen. Nur ohne Druck und Stress, denn das ist derzeit gar nicht so gut für mich.

Dieser Beitrag ist in der 46. Blognacht entstanden. Das Impulsthema: „Dafür schlägt mein Herz.“

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2 Antworten

  1. Liebe Anna,
    lese ich Deine Zeilen, sehe, höre und fühle ich Dich.
    Da Energie keine Grenzen hat -wie Michael immer sagte- nehme ich Dich in den Arm und halte Dich. Ich halte Dich, so, wie Du bist, so lange, wie es gut für Dich ist.
    In Verbundenheit
    Margaretha

  2. Liebe Anna, deine persönliche Geschichte berührt mich gerade sehr!
    Habe Tränen in den Augen und mein Herz klopft ein wenig schneller.

    So schmerzhaft und anstrengend es klingt, lese ich auch einfach Anna in deinen Zeilen.
    Vielleicht brauchst du gerade genau das, aus dem Rhythmus kommen, um dich neu zu sortieren.

    Von Herzen alles gute für dein Herz, denn es geht hier um mehr als eine Metapher, deine Gesundheit!
    Alles Liebe
    Stephanie

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