War das Leben früher einfacher? Vielleicht. Ich erinnere mich noch gut daran, als ich in etwa so alt war wie mein Junior heute. Wir waren viel freier unterwegs damals, 1996. Wir trafen uns in der Schule, hatten Lust, etwas zusammen zu unternehmen, und dann machten wir das einfach. Wir gingen also zu einem von uns und von da aus riefen wir zuhause an: „Hey Mama/Papa, ich bin heute hier bei xyz, bin zum Abendessen wieder da“. Ganz selten kam dann die Antwort: „Geht nicht, wir haben etwas vor, komm nach Hause“. Aber meistens war das einfach okay so. Und manchmal kamen wir auch nicht zum Essen nach Hause. Denn irgendwie galt überall, bei uns und auch bei meinen Freunden, das Prinzip „offenes Haus“.
Meine Mutter und mein Vater hatten damals nie etwas dagegen, wenn Freunde zum Abendessen dablieben. Sie sagten immer so etwas wie: „Wir machen nen Schlag Wasser in die Suppe, das reicht auf jeden Fall“. Und ja, es reichte immer. Alles fühlte sich viel entspannter an als heute.
Denn heute ist alles so durchgetaktet, die Kids verabreden sich nicht einfach so, sondern ich muss immer mit den Müttern verhandeln (ja, immer mit den Müttern. Treffe ich einen Vater an der Schule und möchte ein spontanes Date für Junior aushandeln, dann kommt: „Kann ich nicht entscheiden, meine Frau kümmert sich darum“). Und wenn die Verabredung steht, dann kommen WhatsApp-Nachrichten von der anderen Seite: Sind die Kids gut bei dir angekommen? Geht es ihnen gut? Wie ist die Stimmung?
Es ist nicht spontan, nichts daran darf einfach so umgeworfen werden. Wenn Abholzeit ist, dann ist auch Abholzeit. Klar, wenn wir Termine haben, dann bestehe ich auch Pünktlichkeit, aber es kommt mir alles so starr vor. Und es ist noch nie vorgekommen, dass Junior bei einem seiner Freunde zum Essen geblieben ist.
Hey, ich bin in Bielefeld – Lust auf ein Treffen?
Vielleicht ist es ja die Zeit, die starr ist – vielleicht sind nicht nur die Kids unflexibel, sondern auch wir? Ich mag es auch, wenn Termine lange im Voraus feststehen, denn dann kann ich im Zweifel Junior „wegorganisieren“ oder andere Dinge um so ein Treffen herumplanen. Ich kopple Termine in der Stadt zum Beispiel meistens mit einem Einkauf in der Drogerie oder einem Besuch in der Stadtbibliothek – wenn ich eh schon mal da bin…
Aber gestern war da wieder so ein Gefühl von „offenes Haus“. Ein Bekannter aus dem Netzwerk schrieb mich an, er sei den Tag über für ein Seminar in Bielefeld, ob wir uns nicht auf nen Kaffee treffen könnten? Abends ab 18:30 Uhr. Schwierig für mich, da habe ich ja Junior.
Also war die Idee: Er kommt einfach bei uns vorbei, ich mach nen Schlag Wasser in die Suppe und dann reicht es doch für einen mehr.
So haben wir es auch gemacht. Und einfach gut zwei Stunden ne nette Zeit zusammen gehabt. Von solchen Besuchen ein ganz bisschen vorher zu erfahren, ist schon gut. Aber viel braucht es doch nicht. Eine Kleinigkeit zu essen, eine Entscheidung, sich kurz Zeit zu nehmen und ein bisschen Offenheit für die Personen, die beteiligt sind.
Junior hatte jedenfalls nen sehr guten Abend, ich auch. Und ich glaube, unser Besuch ebenfalls. So kann es gehen. Ich gebe zu, Übernachtungsbesuch finde ich nicht so super, wenn es spontan ist. Aber ich glaub, alles andere kriege ich hin.
Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, spontanen Treffen gegenüber wieder offener zu sein. Denn eigentlich ist es doch schön, wenn Menschen kurz reingeschneit kommen, ohne große Hürden vorab, oder?
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Ein Kommentar
[…] spontanem Besuch schon immer schwer getan habe. Ich liebe Menschen, die so ein offenes Haus haben, wie Anna es beschreibt, auch wenn es mich selbst leider stresst, es so zu […]