Immer wieder verbringe ich Zeit mit Warten – meiner Meinung nach unnötigerweise. Ich warte nicht beim Arzt, das finde ich schon irgendwie normal, nein, ich warte auf Gesprächstermine, die fest terminiert sind.

Dass man mal zwei, drei Minuten wartet – okay, geschenkt. Aber ne Viertelstunde? 25 Minuten? Oder gar nicht erscheinen? Das spricht im besten Fall für ein mieses Zeitmanagement, im schlechtesten für Geringschätzung meiner Zeit.

Wofür machen Menschen Termine? Um ihre Zeit ideal einsetzen zu können. Um planen zu können. Ich zumindest. Denn ich habe nicht viel Zeit. Und das bisschen, das ich zur Verfügung habe, möchte ich doch effizient nutzen.

Blöde Ausreden

Klar, es kann immer was passieren. Mir ja auch. Aber dann sagt man halt ab. Viel zu oft lese ich aber – nachdem ich erst mehrfach nachhaken musste – Sätze wie diese: „Ach, das habe ich vergessen, war so viel los hier.“

Was sagt man da? Also außer „Besten Dank, das war’s dann wohl mit uns“? Ich bin da vielleicht ein bisschen mehr geschädigt als andere, was das Thema Warten angeht. Aber für mich geht es da wirklich auch um Wertschätzung. Ich kann es nicht leiden, wenn man mir meine Zeit stiehlt, das ärgert mich.

Wenn mir ein Kunde sagt, er hänge noch in einem wichtigen Termin, aus dem er nicht rauskommt, dann hat er halt zu wenig Puffer eingeplant. Wenn er dann auch noch unvorbereitet in das Gespräch geht, stiehlt er mir noch mehr Zeit.

Was würde der Kunde tun, wenn das jemand mit ihm macht? Ich frage meist nicht nach, obwohl ich es gern tun würde. Bloß… was würde es bringen? Solche Leute ändern sich nicht.

Für mich selbst nehme ich aber mit: Meine eigene Terminplanung soll so nicht sein. Denn das kratzt an meinen Werten, besonders an meinem Gerechtigkeitssinn.

[Wusstest du, dass ich mal über meine Werte geschrieben habe? Darüber, warum ich so arbeite, wie ich arbeite?]

Unverbindlich

Verbindlichkeit. Dieses Wort scheint für manche Menschen keine große Bedeutung zu haben – auch im privaten Bereich. Eine Verabredung ist schnell abgesagt, man braucht nur eine Messenger-Nachricht verschicken, muss sich nicht mal persönlich im Gespräch erklären.

Oder Menschen, die etwas zusagen (zum Beispiel, beim Umzug zu helfen) und dann nicht kommen. Ohne abzusagen. Weil ja bestimmt andere da sind, um zu helfen. Da verteilt sich die soziale Verantwortung auf viele Menschen und schon fühlen sie sich nicht mehr gemeint.

Verbindlichkeit anderen gegenüber erscheint mir ein Wert zu sein, der nicht mehr so wichtig ist wie früher mal. Und vielleicht liegt das an den neuen Kommunikationsformen, der ständigen Erreichbarkeit.

Früher waren wir nicht ständig erreichbar, da hatte nicht jeder ständig sein Smartphone dabei. Und damals hätten wir doch Verabredungen an einen bestimmten Treffpunkt niemals kurzfristig abgesagt, denn die andere Person hätte dann auf uns warten müssen, ohne zu wissen, was los ist.

Was ist aber, wenn mal jemand sein Handy nicht dabei hat? Hm…

Geschenkte Zeit?

Nun gibt es auch Menschen, die ausgefallene Termine umdeuten als „geschenkte Zeit“. Sie sagen: Ist doch super, die eingeplante Zeit habe ich jetzt zur freien Verfügung.

Ich sehe das nicht so, denn ich habe bereits Zeit verloren. Ich war ja pünktlich am Treffpunkt beziehungsweise im Video-Call. Und dort habe ich die Wartezeit nicht gut nutzen können für irgendwelche produktiven Arbeiten. Ich habe Zeit abgesessen und vielleicht sogar Zeit damit verbracht, herauszufinden, wo mein Termin bleibt.

Es ist zusätzlicher Aufwand, dem nachzugehen, nachzufragen, eventuell sogar einen neuen Termin auszumachen. Und selbst wenn ich dann nach 20 Minuten erfahre, dass man mich vergessen hat – wie lange brauche ich, bis ich wieder produktiv arbeiten kann? Nein, da bleibt nicht viel geschenkte Zeit, es ist eher verschenkte Zeit.

Wie gehst du damit um, wenn deine Zeit gestohlen wird? Und wie lange wartest du auf deine Gesprächspartner?

Keine Kommentare bislang

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert