Hast du mal etwas getan oder erlebt oder auch nur gedacht, das du mit niemandem auf der ganzen Welt teilen würdest? Weil es vielleicht ein Licht auf dich wirft, in dem du nicht stehen willst? Weil es so schlimm war, dass du es nicht aussprechen kannst? Ich glaub ja, wir haben alle solche Dinge und ich will hier gar kein Fass aufmachen oder einen Wettbewerb über „schlimm“, denn das ist subjektiv und für uns alle unterschiedlich. Aber was ich mich frage, ist: Wohin damit?
Es gibt ein paar Dinge, die ich mit niemandem teile. Erst vor kurzem habe ich wieder darüber nachgedacht, wie es wäre, das zu machen. Was passieren würde, wenn ich Worte dafür finden könnte. Denn ich habe keine. Es ist nicht nur so, dass ich über manche Dinge nicht spreche, ich schreibe sie auch nicht. Und ich erzähle sie auch mir selbst nicht. Im Kopf.
Das klingt jetzt paradox, denn ich habe ja darüber nachgedacht, aber es ist nicht das gleiche, über etwas nachzudenken, einen Begriff vielleicht dafür zu haben, ein Oberthema, und auf der anderen Seite etwas zu erzählen, Einzelheiten zu denken, Situationen zu beschreiben, konkret zu werden.
Mein Thema sind ja Geschichten, zumindest ist das das Thema, das mich speziell seit einiger Zeit beschäftigt. Und ich frage mich immer wieder: Welche Geschichten erzählen wir und welche nicht? Aus welchem Blickwinkel erzählen wir sie? Als Heldenreise oder als Krimi? Als Drama oder als Komödie? Aus wessen Sicht? Gibt es vielleicht eine beteiligte Person, aus dessen Sicht die Geschichte erzählbar wäre, wenn es meine eigene nicht ist?
Klingt irgendwie etwas düster alles, aber das ist eigentlich gar nicht so gemeint. Es geht mir vielmehr darum, einen Umgang mit (der eigenen) Geschichte zu finden, der leicht ist. Der die Verarbeitung erleichtert oder der uns eben in die Lage versetzt, etwas neu zu bewerten. Denn passiert ist es ja so oder so.
Meine Geschichte hat auch dunkle Ecken, einige sind so dunkel, dass ich da nicht hinschaue. Aber ich denke darüber nach, wie sich Erlebnisse so einfärben lassen, dass ich sie anders betrachten kann. Damit sie vielleicht erzählbar werden. Oder dass ich sie mir selbst erzählen kann. Vielleicht doch als Heldenreise.
Im Verbindung schaffen – Podcast habe ich darüber gesprochen, dass sich Geschichten immer aus ganz vielen verschiedenen Perspektiven erzählen lassen – gerade auch die eigenen. Ich kann mein eigenes Leben umdeuten und sogar fixieren, indem ich Teile davon aufschreibe. Ich kann aber auch einfach damit leben, dass alles fluide ist, dass ich jeden Tag neu entscheiden kann, wie ich meine Geschichte erzähle.
Und vielleicht kann ich immer wieder neue Ansätze finden und den wählen, der mir am besten gefällt. Wie bei diesen Büchern, bei denen du am Ende eines Kapitels selbst entscheiden kannst, wie es weitergeht. „Möchtest du, dass der Held oder die Heldin sich so entscheidet, dann lies auf der nächsten Seite weiter. Aber wenn du möchtest, dass er oder sie etwas anderes tut, springe zu Seite 143…“
Im Erzählen liegt eine große Freiheit. Vielleicht gerade für die Episoden, die nicht glänzend sind. Was ich mir immer bewusst mache: All meine Erinnerungen sind auch nur Deutungen. Einige habe ich so oft erzählt, dass sie zu einer Geschichte geworden sind, wie zum Beispiel die vom Todestag meines Vaters.
Vermutlich ist meine Erinnerung an diesen Tag völlig verfärbt und hat nicht mehr viel mit dem zu tun, wie ich es wirklich erlebt habe. Aber die Bilder, die ich dazu habe, sind jetzt zu einem Film geworden, den ich jetzt, nach über 25 Jahren, einfach so lasse. Ihn neu zu filmen oder zu schneiden, fühlt sich für mich nicht stimmig an.
Aber bei anderen Episoden lohnt es sich vielleicht. Vor allem bei denen, wo mir eine weitere Perspektive gut tun würde. Aber dafür muss ich erst die richtigen Worte finden. Oder die passende Erzählperspektive.
Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.
2 Antworten
Oder den richtigen Zeitpunkt an dem du bereit dazu bist oder die passende Person für diese geschichte.
Ich bin sicher, du findest deinen Weg und ich glaube wir alle haben solche Geschichten, die nicht erzählt werden.
Alles Liebe
Stephanie
Ja genau, ich glaub alle haben solche Geschichten. Alles, was ich hier schreibe, ist grundsätzlich als Anknüpfungspunkt zu verstehen. Mich hat das nur beschäftigt, denn ich glaub, die ganz schlimmen Geschichten haben bei mir deswegen keine Sprache, weil ich viele Details verdrängt habe. Ich kann sie also nur grob erzählen, wenn überhaupt. Das hat mich beschäftigt…