Sicher kennst du diese Gruppen-Übung, zu der man manchmal gezwungen wird. Die, bei der man sich rückwärts fallenlässt (manchmal einfach nur so, manchmal auch von nem Kasten in ner Turnhalle) und unten stehen die anderen und fangen dich auf. Ich habe diese Übung immer schon gehasst. Es ist mir scheißegal, wie gut die Gruppe schon zusammengewachsen ist und wie nett die Plaudereien in der Kaffee-Küche sind, nein, ich möchte mich nicht rückwärts in irgendwelche Arme fallenlassen. Habe ich ein Problem mit Vertrauen? Vielleicht. Aber ich finde das ganz okay so.

Mach doch einfach, es kann ja nichts passieren, sagen die anderen. Du hast es doch bei den anderen gesehen, wie einfach das ist. Das ist so ein tolles Gefühl, wenn man dann aufgefangen wird, blabla. Aus diesem Druck heraus habe ich das – vor allem als Jugendliche – ein, zwei Mal gemacht. Und das war kein tolles Gefühl, eher so ein Gefühl von zum Glück ist es jetzt vorbei, hab mein Soll erfüllt. Ich möchte auch nicht blind durch irgendwelche Parcours geführt werden, nein, ich möchte das alles nicht.

Ich weiß, es gibt auch andere. Die, die sich voller Freude in solche Übungen hineinwerfen und denen das dann gute Gefühle macht. Wahnsinn, so ein großartiges Erlebnis, augenöffnend! Und hey, wenn das bei euch so ist, dann freut mich das natürlich. Neue Erfahrungen, alles, was stärkt – na klar.

Aber für mich ist es fürchterlich, ich möchte nicht meiner Sinne beraubt irgendwelche vertrauensfördernden Maßnahmen machen. Wenn ich mich meiner Sinne berauben lasse, dann nur von wirklich ausgesuchten Menschen – und das ist ne ganz andere Story.

Ich muss gar nichts

Wer denkt sich sowas aus, frage ich mich immer. Denn klar, es ist immer „freiwillig“. Bloß… das ist es dann eben doch nicht, wenn Trainer Sätze sagen wie: Nein, du musst nicht, aber… (du verpasst diese tolle Erfahrung/ das muss man mal erlebt haben/ es ist auch super für die Gruppe/ raus aus der Komfortzone/ hier ist ein geschützter Raum und du kannst ruhig mal was Neues testen…). Und die Gruppe macht mit. Machst du dann auch noch als einzige nicht die Übung, bist du die, die mal wieder nicht mitzieht, dies das.

Ja ja, natürlich kann man neue Erfahrungen machen, herausfinden, dass das klappt und nicht weh tut, man kann auch darüber nachdenken, warum das für einen selbst so unangenehm ist und für andere nicht. Aber man kann es auch lassen. Ich muss dieses Fallenlassen nicht geil finden, ich muss auch Umarmungen von fremden oder halbfremden Menschen nicht mögen, nicht mal jemandem die Hand zu geben muss ich mögen. Ich muss gar nichts, außer essen, schlafen, atmen und… – wie es Großstadtgeflüster so schön auf den Punkt gebracht haben.

Oh, hast du ein Problem mit Nähe, fragte ein Bekannter mich mal, nachdem er mir über den Nacken gestrichen hatte, einfach so, völlig aus dem Nichts, und ich mich verspannte anstatt das gut zu finden. Nein, liebe Leute, ich möchte selbst meine Grenzen bestimmen. Und vielleicht könnte man das ja mal mitdenken, bevor man Dinge ausprobiert – an Menschen.

Ist das jetzt noch das Thema vom Anfang, frage ich mich gerade. Ich denke schon. Und vielleicht ist es auch gar kein Vertrauensproblem, sondern sagt einfach nur: Ich bin schon richtig so wie ich bin, danke auch.

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

2 Antworten

  1. „Sterben muss ich“, ist so ein typischer Satz bei uns in der Familie, wenn es darum geht, dass irgendwer etwas machen muss. Ich finde das richtig, denn Sterben ist halt wirklich das, was wir alle einmal müssen. Alles andere sollte ohne Zwang funktionieren. Okay, macht es in einer Gesellschaft wohl nicht immer, aber es sollte halt in so vielen Bereichen wie möglich gelten. Und somit sollte jede*r auch in einer Gruppe immer sagen können, wenn er*sie etwas nicht will, ganz ohne sich durch die Gruppe in einen Zwang treiben zu lassen. Habe ich übrigens auch noch nie gemacht, wenn ich was nicht machen wollte, habe ich es auch nicht gemacht. Okay, ich bin auch ein ziemlicher Sturkopf, aber ist nen anderes Thema.

    • Na, ich glaub es gibt schon noch ein paar mehr Sachen, die sein „müssen“. Aber definitiv nicht irgendwelche Übungen in Fortbildungen oder eine Grenzverletzung aus dem Impuls heraus, das dürfe man so machen. Da musst du dich locker machen… Äh, nee!

      Und ich versteh das voll, wenn du sagst, ich mach das dann nicht, ich bin stur – ich bin es auch. Und trotzdem finde ich es schwierig, wenn alle dann aufspringen auf den „trau dich, mach diese wertvolle Erfahrung“ – Zug. Anstrengend. Und irgendwie nicht überlegt.

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