Muster brechen, das ist wichtig, habe ich in der Beratung gelernt. Mach doch heute mal was anders als sonst! Also bin ich meine Joggingrunde falschrum gelaufen. Klingt banal, war aber gar nicht leicht für mich. Ich mag solche Sachen gar nicht, so viel kann ich sagen.

Für mich sind Dinge beruhigend, die so sind, wie sie immer sind. Die App sagt mir die Zwischenzeiten an den erwarteten Stellen an, ich weiß genau, ab wann ich ungefähr die Hälfte geschafft habe. So mag ich das, ich kann genau vergleichen und weiß, was mich erwartet. Und diesmal ging das nicht. Es fühlte sich zwar nicht völlig verrückt an oder so, aber verkehrt. Die ganze Zeit war ich damit beschäftigt, die umgedrehte Runde für mich so zu „übersetzen“, dass ich trotzdem mein übliches Programm abspulen kann. Ging aber nicht.

Ich mag Dinge, die klar sind. Dinge, die logisch sind. Die ich mir erklären kann und die ich kenne. Die also bekannt sind. Ich komme zurecht mit Änderungen im Plan, das wäre auch schlimm, wenn nicht, denn spätestens, seit ich Junior habe, ist Planung oft die erste, die über mich lacht.

Aber ich mag Pläne, mag es, Zusammenhänge zu sehen, zu knüpfen, herzustellen. Ich erzähle Geschichten von vorn nach hinten, nicht andersrum, es sei denn, das ergibt irgendwie mehr Sinn oder ich will einen besonderen Effekt erzielen. Das allerdings ist schon wieder so strategisch, dass es „richtig“ klingt. So muss die Story sein, damit die Menschen zuhören.

Warum nun soll ich meine Muster brechen? Erzähle ich vielleicht mal an einer anderen Stelle. Wenn die passende Zeit dafür ist, das passende Thema, der passende Rahmen.

Was ich aber an dieser Stelle sagen kann: Ich mag meine festgefahrene, also festgelaufene Runde. Und morgen werde ich sie vermutlich nicht joggen, aber vielleicht spazieren gehen. Richtigrum. Denn dann kann ich wieder alles ausblenden, was ich heute so gesehen habe.

Steine, über die ich sonst springe, lagen heute anders. Ecken an Weggabelungen, um die ich normalerweise einen kleinen Bogen laufe, weil der Kies daneben fast immer rutschig ist, habe ich heute überaus konzentriert durchlaufen – der Bogen war nicht nötig so rum. Und ich habe andere Bäume am Wegrand gesehen, den Spielplatz aus einer anderen Perspektive (habe ich, glaube ich, noch nie gesehen).

Letztlich war ich etwa doppelt so kaputt wie sonst. Keine Ahnung, ob es einfach nicht mein Tag war, oder ob es eben einfach Kraft und Zeit gekostet hat, so konzentriert ohne meinen Autopiloten zu laufen. Bin mir nicht sicher, wie ich das finden soll.

Das ist ein bisschen so, wie wenn der Trainer am zweiten Seminartag sagt: Und jetzt setzten Sie sich bitte um. Perspektivwechsel. Mag ich nicht. Vor allem deswegen, weil ich dann zu oft an einem Platz lande, an dem ich nicht alles im Blick habe. Fühlt sich dann genauso falschrum an.

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2 Antworten

  1. Hach, dabei ist es doch gerade spannend, bei einer gemütlichen Joggingrunde neues zu entdecken, sie also auch mal andersrum zu laufen, sich wieder konzentrieren zu müssen, wieder Dinge wahrzunehmen, die einem vorher schon selbstverständlich waren.

    Demokratie zum Beispiel, weil wir ja in einer Woche zur Wahl gehen. Die ist so festgefahren, weil sie seit Jahrzehnten immer genau denselben Abläufen folgt. Haben wir schon immer so gemacht, um Neuem keinen Platz zu lassen. Jetzt weiß ich nicht, ob wir Demokratie einfach andersrum laufen können, meine Befürchtung ist ja eher, dass wir sie verlieren, wenn wir sie nicht einfach so mit neuen Augen sehen. Ich weiß, ganz anderes Thema, kam mir aber gerade in den Kopf.

    • Ach, das ist interessant, dieser Vergleich. Also ich bin keineswegs in dieser „das haben wir schon immer so gemacht“ – Fraktion, weder im persönlichen Bereich, noch im gesellschaftlichen. Aber ich mag Dinge, die strukturiert sind, logisch, klar. Wie Zähneputzen. Da kann ich auch mal länger und mal kürzer, aber ich fange immer unten links an. Es gibt eben Dinge, die dürfen routiniert sein, fürs Gehirn ja auch entlastend. In meiner Welt gehört diese Jogging-Runde dazu, zumindest wenn ich allein laufe 🙂

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