In dieser Woche hat Junior seine Schulkarriere am Gymnasium begonnen. Ziemlich groß, diese Schule, ziemlich viele Menschen auch im Vergleich zur Grundschule. Und: Ziemlich weit weg. Also, was manche so für weit weg halten halt. Mit dem Rad fahren wir gut 4 Kilometer. Aber klar, im Vergleich zu 600 Metern Weg zur Grundschule ist das natürlich weit. Junior und ich fahren Fahrrad, denn es ist die flexibelste und auch komfortabelste Variante, wenn man nicht eine Stunde lang laufen oder sich in überfüllte Busse und Bahnen quetschen möchte. Da wir auch vorher schon immer Fahrrad gefahren sind, ist das auch der logischste Gedanke. Nur meine Mutter findet das nicht gut, weil zu gefährlich. Sie sagt das auch so. Vor Junior.

„Also ICH habe euch das nicht erlaubt damals! Muss ich mir jetzt also jeden Tag Sorgen machen? Kann das Kind nicht Bus fahren?“, fragt sie und ich möchte ihr gern etwas dazu sagen, halte es dann aber für besser, die Diskussion nicht auszuweiten. Ja, Fahrrad fahren kann gefährlich sein. Ja, es gibt rücksichtslose Autofahrer*innen (wie es übrigens auch rücksichtslose Fahrradfahrer*innen, Fußgänger*innen und E-Roller-Fahrer*innen gibt). Es gibt Situationen, die nicht gut überblickbar sind, besonders, wenn man nur 1,30 Meter groß ist. Aber dafür üben wir das ja!

Und Leute: Leben ist gefährlich! Es endet mit dem Tod, da können wir nichts machen. Also ich kann mir den ganzen Tag Gedanken machen, ob Junior vom Klettergerüst fällt, vom Bus überfahren wird, überfallen, ausgeraubt und was weiß ich noch alles. Macht nur keinen Sinn.

Ich begleite ihn schon sein ganzes Leben lang. Erkläre ihm die Welt und worauf er achten muss. Dass die Menschen nicht alle rücksichtsvoll und gut sind, weiß er schon sehr, sehr lange. Aber was noch viel wichtiger ist: Ich kenne doch mein Kind. Ich weiß, wie er klettert und habe Vertrauen in ihn. Ich weiß, wie er sich im Straßenverkehr verhält und vertraue ihm. Wir haben darüber gesprochen, wie er bestimmte Situationen am besten einschätzt, was er tun kann, wie er sich gut verhält. Ich vertraue ihm.

Das ist doch alles, was ich tun kann. Begleiten, unterstützen, zeigen. Und dann: Vertrauen. Denn ich kann ihn nicht beschützen vor der Welt. Aber wenn er weiß, dass ich auf ihn vertraue, dann ist die Chance groß, dass er sich selbst auch vertraut.

Daher liebe Leute, liebe Mutter, wenn ihr Bedenken habt, irgendwelche Ängste, Sorgen oder sonstiges: Behaltet das für euch. Wenn ihr unbedingt euren Senf dazugeben müsst, dann tut es, aber NICHT vor dem Kind. Das verunsichert nämlich. Und Verunsicherung ist nicht hilfreich. Für niemanden.

Aber eigentlich solltet ihr euch einfach raushalten. Es sind die Eltern, die entscheiden. Gemeinsam mit ihren Kindern. Und zwar entscheiden sie auf der Grundlage, wie sie ihr Kind einschätzen. Sie kennen ihr Kind und wissen, was es kann. Da braucht es keine ängstlichen Stimmen, die glauben, sie wüssten es besser.

Und das gilt übrigens für alles, nicht nur für die Gestaltung des Schulwegs oder der sonstigen Fortbewegung von A nach B. Das gilt von Anfang an. Wie oft haben mir lästige „Omis“ (entschuldige bitte den Ausdruck, aber es waren IMMER Frauen) erklärt, warum mein Baby schreit. „Ihm ist kalt, sehen Sie das nicht?!“ Oder der Mann, der mir erklären wollte, dass ich mein Kind an der anderen Hand halten sollte, damit es nicht an der Straße gehen muss. Oder der Typ, der uns anbrüllte, weil wir an einem Zebrastreifen stehenblieben und erst genau schauten, ob auch wirklich alle Autos anhalten.

Nein. Einfach nein. Macht es nicht. Ihr habt keine Ahnung. Kümmert euch um euren eigenen Kram, damit sind dann doch alle gut beschäftigt. Und vor allem: Macht den Kindern keine Angst, dass sie etwas nicht schaffen. Die Eltern haben das sicher im Blick, denn die wollen auch nicht, dass ihr Kind überfahren wird. Ganz bestimmt.

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2 Antworten

  1. > … weil wir an einem Zebrastreifen stehenblieben und erst genau schauten, ob auch wirklich alle Autos anhalten.

    Ich bleibe auch immer stehen, weil ich keinen Plan habe, ob die Autofahrer*Innen einen Plan haben und es hat sich auch schon öfter gezeigt, dass das stehenbleiben eine gute Idee war. Ich selbst habe als autofahrende Person auch schon mal zu spät jemanden am Zebrastreifen gesehen. Es ist also auch nicht immer absicht.

    Ansonsten ist Vertrauen und Respekt vor dem, was das Kind, der Jugendliche, kann und ist, wohl auch die beste Möglichkeit, um ein Kind zu erziehen, was selbstständig und selbstbewusst ist.

    • Hi Sven, ja wir bleiben eigentlich auch immer stehen, weil so viele eben durchfahren. Einige beschleunigen sogar noch vor dem Zebrastreifen. Und wenn man ihnen dann den Mittelfinger zeigt, winken die noch süffisant. Daher ist einfach losgehen keine Option für mich. Aber es gibt eben auch die Autofahrer, die einen dann belehren, auch an Straßen, wo man als Fußgänger vor Abbiegern „Vorfahrt“ hat, dass man doch bitte nicht stehenbleiben soll. Tja, ich fürchte einfach, solche Leute sind nie zu Fuß unterwegs. Ich glaube ja eh, dass die besten Straßenverkehrsteilnehmer die sind, die mal zu Fuß, mal mit dem Rad und ja, auch mal mit dem Auto unterwegs sind. So achtet man auf alle am besten.

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