Kennst du diese Menschen, die immer Hilfe anbieten? Die sagen: „Ich bin da. Melde dich einfach, egal wann.“ Und die das nicht nur sagen, sondern die wirklich da sind. Loyal, stabil, sie tun einfach, was getan werden muss. Oder was sie können. Und zwar aus vollster Überzeugung, weil es ihnen ein Bedürfnis ist. Es gibt nur ein Problem mit diesen Menschen: Sie sind oft die, die selbst nur schwer Hilfe annehmen können. Vergessene Menschen.

Supporter findest du immer da, wo sie gebraucht werden. Sie sind bei jedem Umzug im Freundeskreis anwesend, meist pünktlich, schaufeln sich Zeit dafür frei. Gerade wenn große Aufgaben anstehen, bieten sie ihre Zeit und Unterstützung an. Denn sie wissen: Allein klappt das nicht gut und es braucht jede helfende Hand.

Gibt es Probleme und Frust, dann sind sie da oder bieten an, da zu sein. Denn sie wollen nicht übergriffig sein oder aufdringlich, wollen selten gefeiert werden für ihr Engagement. Aber sie mögen es nicht, wenn jemand Hilfe braucht und keine bekommt, daher bieten sie sich fast immer als Ohr, als helfende Hand, als Schulter zum Ausheulen an.

Diese Supporter finden es meist sogar unangenehm, wenn man ihnen dann dankt. Denn für sie ist Hilfe ja selbstverständlich. Sie machen Dinge möglich, wo andere sagen: Keine Zeit, keine Energie. (Viele sagen auch einfach gar nichts, denn das ist einfacher für sie. Keine Auseinandersetzung mit dem Thema oder den Menschen.)

Sie können nicht anders.

Neulich begegnete mir das Thema, also habe ich mich mit diesen Unterstützern auseinandergesetzt. Und als ich so darüber nachgedacht habe, fiel mir auf: Ich mach das auch. Und vielleicht habe ich mich da in eine blöde Situation hineinmanövriert, denn jetzt denken wohl viele Menschen in meinem Umfeld, ich sei immer da und sie selbst müssten ihrerseits nichts dafür tun. Null Wertschätzung. Verletzend. Und tückisch. Denn ich habe den Eindruck, viele Supporter können gar nicht anders, als zu helfen. Sie denken darüber nicht nach.

Vor ein paar Jahren erkrankte mein Nachbar, er musste ins Krankenhaus. Ich traf seine Tochter bei uns im Treppenhaus, sie war gerade dabei, die Treppe zu fegen, denn das ist bei uns in der Hausordnung geregelt – alle sind mal dran. Und für mich war es ganz klar: Das kann ich doch machen. Ist doch kein Problem, mache ich einfach mit, wenn ich eh dabei bin. Also fegte und wischte ich ein paar Monate lang „doppelt“ die Treppe.

Als ich die Tochter das nächste Mal traf, drückte sie mir einen Umschlag mit einer Dankeskarte in die Hand. Auch im Umschlag: 50 Euro. Mir war das peinlich, denn man hilft sich doch unter Nachbarn, so denke ich jedenfalls. Meine Nachbarn helfen mir ja auch. Mal mit Einkäufen, mal damit, mir schwere Dinge in die Wohnung zu tragen, mal helfen sie mit Ketchup oder Backpapier aus, wenn mir das gerade fehlt.

Wenn Freunde und Bekannte umziehen, bin ich die erste, die sich Zeit dafür freischaufelt. Denn ich weiß, wie ätzend es ist, wenn niemand hilft. Nein, dafür braucht es alle verfügbaren Hände und wenn ich welche habe, dann biete ich sie an. Ich kann gar nicht anders.

Und dann sind da noch die Freunde und Bekannten, die plötzlich in Krisen geraten, schwierige Phasen haben, sich ausheulen wollen, auf einmal nicht mehr können. Ihnen allen schreibe ich: Ich bin da. Melde dich. Du hast mein Ohr, auch beide. Und die Schulter dazu. (Das ist übrigens auch tückisch, denn die Grenze zwischen „Freundschaft“ und „emotionalem Mülleimer“ kann sich verschieben. Langsam, aber stetig. Wenn man da nicht aufpasst, ist es nicht mehr weit bis zum Ausnutzen.)

Vergessene Menschen

Supporter fragen nicht nach Hilfe, wenn sie glauben, dass der oder die andere die Hilfe selbst dringender benötigt. Eine Freundin hat mit Depression zu kämpfen? Die belaste ich nicht mit meinen Themen. Eine andere Freundin hat große Probleme im Job? Das ist jetzt wichtiger als mein Kram. Wieder eine andere kämpft mit Problemen ihrer Kinder in der Schule? Da kann sie sich wohl nicht auf meine Nichtigkeiten konzentrieren.

Der Gedanke dahinter: Alles andere ist gerade wichtiger. Oder aber: Anderen geht es schlechter! Und das ist natürlich fatal. Da bleibt kein Raum für meine Themen. Und von der anderen Seite heißt es wieder: Du bist so stark, Anna! Bis es dann irgendwann nicht mehr geht und ich merke: Jetzt ist die Freundschaft keine mehr. Null Interesse von der anderen Seite. Und meine Hilfsangebote werden auch nicht mehr angenommen. Fast wie Ghosting. Und dann steh ich wieder da und frage mich: Wer bleibt?

Wenn du Supporter in deinem Leben hast, vielleicht gerade die, mit denen du nicht so richtig dicke befreundet bist, aber die trotzdem immer da sind, dann vergiss sie nicht. Diese Menschen haben auch ihre Probleme, ihre schlechten Phasen, ihre Themen. Aber wenn sie das Gefühl haben, dass sie mit ihrem Ballast nicht zu dir kommen können, dann werden sie es nicht tun.

Vergessene Menschen leiden nicht nur darunter, dass sie ihre Themen nicht loswerden, sondern zusätzlich darunter, dass die Verbindung einseitig ist. Dass sie vergessen, vertröstet und verschoben werden. Vielleicht siehst du das nicht, weil sie dir immer so stark vorkommen. Aber auch diese Menschen brauchen mal ein Ohr. Biete es an, auch mehrfach, damit sie sich sicher fühlen, dass es auch wirklich okay ist. Denn was für sie selbst selbstverständlich ist, fragen sie bei anderen nicht an.

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