Bei unserem ersten Besuch in der Schweiz habe ich diesen tollen Effekt schon lieben gelernt: Man fährt über die Grenze und das Handy sagt: Kein Internet. Es sei denn natürlich, man schaltet internationales Roaming an. Damals habe ich schon überlegt, was da wohl in meinem Mobilfunkvertag steht, hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. Und ich glaube, ich habe es nachgeprüft, es war gar keine Frage der Kosten, es würde mich nicht arm machen, diesen Button zu aktivieren. Aber: Ich tue einfach so, als sei das keine Option. Denn unterwegs brauche ich einfach kein Internet. Ist ein bisschen wie früher.

Mit „früher“ meine ich diese Zeit, als man Ausflüge plante, ohne dafür Onlinekarten und Suchmaschinen zu brauchen. Alles, was man brauchte, musste im Vorfeld beschafft und dann mitgenommen werden. Die Route plante man vorher, die Karte steckte im Rucksack. Ich weiß noch, als ich meine Mutter mal rund um Paris navigierte – mit der Straßenkarte, die aus Papier. Es ging alles, auch ohne dass eine Stimme sagte, was zu tun sei (meine mal ausgenommen). Nicht, dass ich Navis verteufele oder so, ich fahre auch manchmal damit. Bloß ist es einfach was anderes, wenn man keins zur Verfügung hat. Ob nun gewählt oder unfreiwillig, ist eigentlich egal.

Und dann bedeutet dieses kein-Internet auch: Keine Messenger-Nachrichten, keine Benachrichtigungen aus der großen Social-Media-Welt. Klar, man könnte jetzt auch sagen: „Hä? Kannste doch auch zuhause machen. Einfach mobile Daten ausstellen und gut is.“ Stimmt. Könnte ich. Tue es aber nicht in meinem wuseligen und durchgetakteten Alltag.

Hier im Urlaub finde ich das aber ganz zauberhaft. Ich empfange nur News aus der Welt, wenn ich in der Ferienwohnung bin. Bin ich also unterwegs, kann ich mich voll und ganz auf das konzentrieren, was ich sehe und erlebe. Es hilft, dass es eine Hürde gibt, mir Zugang zum Internet zu beschaffen. Denn online zu sein ist zu normal geworden.

Ich höre auch nichts von den Lieben

Als ich ein Kind war, haben wir fast immer unsere Ferien in Ostfriesland verbracht, Sommerferien sowieso, Herbst und Ostern eigentlich auch. Mein Großvater hatte ein Ferienhaus, in dem wir immer mindestens die Hälfte der Ferien verbrachten. Und wir waren nicht mit unseren Eltern, sondern mit meinen Großeltern unterwegs.

Wenn wir angekommen waren, hieß es erst einmal Auto und Anhänger ausräumen, dann ging es auf zur Telefonzelle, zuhause anrufen: Hallo Mama, wir sind gut angekommen, ja, bisschen Stau, wie immer, okay dann bis in drei Wochen. Und dann hörten wir nichts mehr von unseren Eltern, es sei denn die Sehnsucht war riesengroß und wir liefen noch mal zur Telefonzelle.

Heute kriege ich von manchen meiner Leute täglich ein Update, was so los war. Das ist toll, ich liebe es, diese kleinen Alltags-Geschichten zu hören oder zu lesen, es muss gar nichts Besonderes sein. Aber es reicht völlig, das merke ich derzeit wieder, sie einmal morgens und einmal abends abzurufen. Ständig hin und her schreiben kann zwar auch Spaß machen, aber doch nur, wenn man Zeit dafür hat. Und die habe ich gerade nicht, denn ich will ja ganz viel und weit schauen.

Erreichbarkeit ist wirklich etwas, das ich in bestimmten Zeiten wieder verlernen muss. Und ich schätze, das ist auch ein Grund dafür, dass ich ruhiger werde.

Auf sich selbst zurückgeworfen?

Grüble ich jetzt mehr, weil ich weniger abgelenkt bin? Ich glaube nicht. Es ist eher so, dass ich nicht ständig über Content und andere Menschen nachdenke und dadurch einfach Leer-Raum entsteht. Ich schaue auf das Tal und denke nichts Weltbewegendes. Es gibt nichts zu tun für mich, außer da sein.

Ich wälze also auch keine schweren Problem-Blöcke vor mir her oder winde mich in Zweifeln über mein Leben. Diese Gedanken kommen mir gar nicht. Interessant, oder? Was ein bisschen Abstand, frische Luft und Schauen so ausmachen… Ich mag ja mein Liebefeld wirklich gern, aber es ist eben auch der Ort, wo es am meisten Dinge und Menschen gibt, die was von mir wollen. Und das ist ja derzeit ein Problem, denn mein Herz mag es wohl nicht, wenn da zu viel ist, auf das ich reagieren muss oder das ich nicht überblicken kann. Hier herrscht Klarheit. Das entspannt.

Ich sammle jetzt also noch ein paar Stunden Ruhe und Entspannung ein, bis ich dann übermorgen wieder in der Bahn sitze und mich ärgere, weil wir nicht zum geplanten Zeitpunkt ankommen, nicht mal ansatzweise vermutlich, wenn man die Hinfahrt als Referenz nimmt. Drückt mir die Daumen, dass es nicht allzu schlimm wird…

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

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