Wenn ich Radio höre, dann meistens WDR2 – da ist ein bisschen Gewohnheit und Melancholie drin, denn mein Opa hatte diesen Sender gefühlt IMMER im Auto eingestellt. „Meinen“ Sender, also Hertz 87.9, höre ich heute kaum noch, der ist ja auch auf Studierende ausgerichtet und das trifft meine Lebenswelt nicht mehr so richtig. Also nix mehr mit independent, sondern massentaugliches Programm. Keine Positionierung über den Sender, den ich höre, kein „schau mal, ich höre nur Qualitätsinhalte, denn ich ertrage dieses unnütze Blabla nicht“. Denn ja, es stimmt. Das ist seichtes Radio, seichte Moderation, seichte Pop-Musik, seichte Themen. Auch mal harte Themen, klar, Nachrichten sind eben Nachrichten, aber es geht selten in die Tiefe. Seichtes Radio-Wasser.

Ich glaube, es ist gar nicht schlecht, sich auch den Mainstream zu geben. Das ist ja kein schlechtes Radio, die machen nen guten Job da. Was sie machen, lässt sich wunderbar nebenbei hören, die Musikauswahl ist so, dass ich nicht groß abgeschreckt, aber auch nicht überrascht werde.

Ich bekomme die wichtigen Dinge mit, die Inhalte sind aktuell und oft auch relevant, dieser Sender macht technisch gutes Radio, ist informativ und – auf seichte Weise – unterhaltsam. Das sind Kriterien für gutes Radio, hab ich mal gelernt 😉

Es ist aber eben kein Sender, mit dem man sich brüsten kann: Schaut her, ich höre diesen speziellen Nischensender, den keiner kennt! Nischen sind eben Nischen. Bei Hertz 87.9 gab es früher und gibt es auch heute noch Zielgruppenmusik – immer von 22 bis 23 Uhr. Das sind speziell zusammengestellte Playlists ohne Moderation, jeden Tag eine andere Musikrichtung. Das gibt es ja auch auf anderen Sendern, Special-Interest-Sendungen, je nach Sender auch mit Moderation oder mit Gästen.

Aber: Die laufen meist nachts. Wer sich also dafür interessiert, muss genau zu den entsprechenden Zeiten einschalten, denn zu den üblichen Zeiten gibt es eben seichtes, massentaugliches Programm. Fokus auf Unterhaltung und Information. Und Aktuelles. Daher auch Charts und die Musik, die immer schon gut angekommen ist (80er, 90er und das Beste von heute!)

Seichte Popmusik, Charts – das wird ja auch von vielen Menschen genau so akzeptiert. Das geht ins Ohr, tut einem nichts, ist super zum Nebenbei-Hören, vieles können wir mitsingen (bei mir die Sachen aus den 90ern). Gute Gefühle also.

Was ich mich gefragt habe: Wenn doch bei Musik oft auch das Massentaugliche akzeptiert wird, warum ist es bei Literatur meist so verpönt? Da darf es nämlich nicht zu banal sein, nicht so wie Musik in den 90ern war jedenfalls. Ist bei Film auch so. Alles darf man gern schauen, nur keine seichten Komödien, seichte Liebeskomödien, pfui!

Ich persönlich mag seichte Komödien. Nicht immer, aber es gibt Phasen, in denen ich Romantik-Komödien schaue, die Sorte, bei der man nach 2 Minuten schon weiß, wer mit wem, wer dann den Konflikt anfeuern wird und wie dann am Ende doch noch alles gut wird. Keine Spannung, nur seichtes Plätschern und seichte Dialoge. Und ein Ende, das ganz klar gut ausgeht.

Identitätsprobleme?

Damit kann ich natürlich nicht punkten in Gesprächen. Ich bin die, die gern seichte Pop-Musik hört und seichte Filme schaut. Und ja, ich lese auch seichte Bücher. Und massentaugliche Krimis und Thriller. Nicht nur, ich kann auch Klassiker und hochgelobte Werke, ich weiß, wer Pynchon ist und wer James Joyce, den einen hab ich gelesen, beim anderen hab ich es versucht, bin aber gescheitert. Das kann ich erzählen. Aber mit massentauglichem Kram kann ich nicht zeigen, wie ach so besonders ich bin.

Und das war ja lange Zeit so, dass man sich mit seinem Bücherregal zeigte. Das bin ich. Diese 5 Bücher repräsentieren mein Leben, meinen Charakter, mein Sein, meine Einstellung, meine Haltung, alles. Oder mit Posts wie „diese 100 Bücher habe ich in diesem Jahr gelesen“ (drunter machen wir es ja nicht). Und wenn dann da „nur“ seichte Literatur draufsteht, verpönt vielleicht, bewertet von Menschen, die glauben, sie wüssten, was gut und was schlecht ist… Tja, dann rümpfen da Menschen die Nase. Dabei funktioniert doch das Seichte, das Kommerzielle, das, was eben keine Nische ist.

Aber wer das liest, hat eben nicht verstanden, worum es bei Literatur wirklich geht, richtig? Und bei Popmusik auch. Und bei Film sowieso. Früher, auf Myspace, konnte man angeben, welche Filme man mag und welche Musik. Und da wurde mir zurückgemeldet, ich habe einen brillanten Musikgeschmack, aber keine Ahnung von Filmen. Nur massentaugliche Blockbuster und Märchen. Wer schaut denn sowas? Intellektuelle doch nicht.

Aber weißt du was? Mich entspannt das. Bücher, bei denen ich nicht zwischen den Zeilen lesen muss, die ich nicht in ihren Entstehungskontext eingebettet interpretieren muss, die einfach nur unterhalten, spannend sind, vielleicht gute Gefühle machen. Und so ist es auch mit den Filmen. Und mit dem Radio.

Ich bin die, für die massentaugliche Medien gemacht sind. Nur bei massentauglichen Nachrichten, da bin ich raus. Wenns real ist und zu einfach, dann muss ich passen. Denn das ist es eben. Unsere Welt ist zu komplex für einfache Zusammenhänge. Aber in der Kunst darf es so sein. Da darf alles sein. Nicht immer hochtrabend und anspruchsvoll. Und super individuell. Sondern einfach nur leicht konsumierbar. Meine Texte sind auch so. Massentauglich.

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

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