„Let it go, let it go, can´t hold it back anymore…“ – der Zufall spülte mir heute diesen Song in die Timeline und ich dachte: Ui, das ist doch ein guter Impuls für die Blognacht! Und wie immer, wenn ich dann nen Schreibimpuls im Kopf habe, drehen sich meine Gedanken darum, immer weiter.

Schon allein der Gedanke an den Film lässt mich ein paar Runden drehen, denn ich finde immer noch, dass da alles schiefläuft, was nur schieflaufen kann. Die Katastrophe in Disneys „Frozen“ passiert ja aus einer Sprachlosigkeit und mangelnder Kommunikation heraus. Da staut sich so viel an, das keinen Adressaten findet, und wird dann so groß, dass es später zu diesem „Alles-oder-nichts“-Moment wird. Dabei hätte man doch drüber reden können. Finde ich zumindest.

In der deutschen Version heißt es im Song: „Ich lass los, lass jetzt los, die Kraft, sie ist grenzenlos…“ – da ist es ja klar, dass sie irgendwie raus muss, diese Kraft. Da hat sich also Elsa so lange zusammengerissen, versteckt, gedacht, dass sie andere verletzt, wenn sie diese grenzenlose Kraft zulässt. Und ihre Lösung dieser Misere: Na ja, jetzt ist ja eh alles zu spät, dann hau ich mal ab und lasse meine Heimat auch noch in einem ewigen Winter zurück. Klar.

Liebe wird sie retten und am Ende doch noch alles kitten, aber dafür muss ihre Schwester Anna nen ganz schön langen Weg machen. Daher bin ich auch so wenig einverstanden mit dem „ich lass los, ich bin endlich frei“, was ja letztlich ein „ich scheiß auf alles und mach mein eigenes Ding“ ist. Für mich ist die ausbrechende Elsa auch nicht die Heldin dieses Films, sondern es ist Anna, die nämlich trotz allem noch auf Verbindung und Zukunft schaut und tut, was getan werden muss.

Ich lass los

Ja, es ist anstrengend, sich zu verstecken, zu verbiegen. Ich mag das auch nicht und ich habe bei einigen Dingen lange gebraucht, um meine Meinung, meine Bedürfnisse und das, was mir wichtig ist, klar zu kommunizieren. Manchmal scheitere ich, manchmal spiele ich auch anderen etwas vor, je nach Anlass. Man muss nicht alles sagen, was man denkt.

Aber es kann doch nicht die Lösung sein, seine Welt unkontrolliert in Schutt und Asche zu legen und dann abzuhauen. Der Gedanke, der dahinterliegt, ist vielleicht logisch: Ich muss da hin, wo ich verstanden werde und wo ich sein kann, wer ich bin.

„It’s funny how some distance makes everything seem small
And the fears that once controlled me, can′t get to me at all
Up here in the cold, thin air I finally can breathe
I know I left a life behind, but I’m too relieved to grieve“

Ausbrechen aus dem Leben, das sich falsch anfühlt – super. Die Stärke finden, Ängste und Unsicherheit hinter sich zu lassen – auch super. Aber doch nicht ohne Rücksicht auf Verluste, oder? Und ohne zurückzublicken?

Also wie ist das nun mit der Freiheit und dem Loslassen? Die eigene Freiheit und das eigene Glück durchsetzen, ohne auf andere zu achten? Schwierig, finde ich.

Verbindung statt Trennung

Auch ich möchte dort sein, wo ich sein kann wie ich bin. Wobei wir ja nicht nur eins sind, sondern ganz viele – je nach Rolle, je nach Gesellschaft, je nach Situation. Und doch kann ich mir Situationen schaffen, in denen ich möglichst nah dran bin an „mir“, wie ich mich wohlfühle. Das andere loslassen, aber doch immer nur in dem Rahmen, wie andere davon betroffen sind.

Und mich verbinden mit Menschen, die mir guttun. Menschen, bei denen ich „die grenzenlose Kraft“ nicht verstecken muss, die Stärken, die Schwächen, die dunklen Ecken. Wenn ich von mir erzählen kann, ohne verurteilt zu werden. Wenn ich zeigen kann, was ich will und was mir wichtig ist, und das respektvoll und achtsam behandelt wird.

Diese Menschen zu finden, ist nicht so einfach. Und es kostet Kraft und Zeit, das klappt nicht immer und es lauern Enttäuschungen und unangenehme Situationen. Aber es deswegen nicht versuchen? Nein, das ist keine Option für mich.

Daher erzähle ich weiter (meine) Geschichten, erzähle von meinen Ideen für ein besseres, verbindenderes Zusammen. Und höre zu, wer darauf reagiert und wie. Ich gehe dorthin, wo ich mich zugehörig fühle., aber ich lege nicht die Welt der anderen in Trümmern.

Was habe ich losgelassen? Den Gedanken, ich müsste jemand werden. Ich war schon so viel, habe verschiedene Annas getestet, die Reaktionen darauf aufgenommen und gefühlt: So sollte es sein – und so nicht. Und ich habe erkannt: Ich bin schon wer. Das ist eine durchaus befreiende Erkenntnis.

Dieser Beitrag ist in der 54. Blognacht entstanden. Das Impulsthema: „Lass los“

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3 Antworten

  1. Liebe Anna,
    da bin ich ganz bei dir. Ich habe mich das damals auch gefragt, als ich den Film gesehen habe. Aber ich mag das Lied. Die Sängerin hat eine wahnsinnig tolle Stimme, bei der mir immer die Gänsehaut hochgeht.

    Hätte aber die liebe Elsa gleich geredet, gäbe es ja keinen Film. Und dass die kleinen Mädchen heutzutage so gerne Elsa sind, liegt nur daran, dass sie so hochkarätig beworben wird. Würde die liebe Anna und ihre Werte beworben werden, würden alle wie Anna sein wollen. Aber ich glaube, das ist gar nicht gewollt.

    Ich in meinem Alter werde jedenfalls die Chance nutzen, auch von Anna zu reden, wenn ich mit Kindern, oder auch Erwachsenen, über diesen Film zu sprechen komme.

    Kennst du übrigens den zweiten Film? Den finde ich richtig gut. Besonders die Botschaften, die ich zwischen den Zeilen gefunden habe.

  2. Ein Glück, dass Du einfach Du bist! Ich frage mich ja immer, wer oder was die anderen sein wollen, wenn sie „jemand“ sein/werden wollen…? Mir ist jemand, der zu sich selbst steht, tausend Mal lieber, als jemand, der meint, sich wichtig machen zu müssen. Und auch dahin ist es eine Reise, die man erst mal auf sich nehmen muss.

    Und zu Elsa: Musste sie nicht raus, um ihre Kräfte erkunden zu können, ohne andere zu verletzen? Okay, ist schon länger her, dass ich den Film gesehen hab… Aber dass Anna die eigentliche Heldin ist, das sehe ich auch so. Die kleinen Mädchen wollen nachher aber immer Elsa sein. Warum? Wegen der spektakulärer wirkenden Superkraft? Was ist mit der von Anna? Ist die nicht die wichtigere?

    • Liebe Annette,
      für mich ist die Frage nicht, ob Elsa raus musste, um sie selbst zu werden, sondern wie sie das macht und wie es dazu kam. Man hätte ja reden können, anstatt jahrelang in Angst und Schweigen zu verharren. Klar, sie war noch ein Kind, aber letztlich hätte sie doch einfach mit ihrer Schwester sprechen können (die ja eh die Klügere von beiden ist!). Daran hänge ich.

      Ich glaube, die kleinen Mädchen möchten Elsa sein, weil sie lieber für die große Freiheit und Macht losgehen, als für Verbindung und Verpflichtung. Ich frage mich nur, zu welcher Gesellschaft wir werden, wenn alle Elsa sein wollen…

      Ist vielleicht gut, dass wir daran arbeiten, dass Annas Werte nicht verloren gehen 🙂

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