Kartoffelsuppe. Die gab es am Samstagabend, als Junior und ich nach 10 Stunden Zugfahrt wieder in Bielefeld ankamen. Sie war warm, sie war lecker, sie war einfach da. Sagt zumindest meine Ma, denn die meinte nur: Na, das war ja nicht so schwierig. Klar, so eine Suppe zusammenschnippeln und -schmeißen ist keine große Sache. Aber manchmal machen diese Kleinigkeiten für jemanden die Welt schöner. Manchmal ist es Kartoffelsuppe, die einfach da ist. Und manchmal etwas ganz anderes.
Da war mal ein Abend, Junior war vielleicht eins oder anderthalb, an dem ich vergessen hatte, Brot zu kaufen. Es war nichts mehr da, ich habe damals auch noch nicht selbst gebacken. Der Supermarkt hatte zu, damals noch um 20 Uhr, und ich wusste nicht, was ich am kommenden Tag zum Frühstück machen sollte. Ich schnappte mir Junior und lief runter zu meinen Nachbarn, denn ich wusste, sie würden mir sicher aushelfen. Ich kam wenig später wieder in meine Wohnung und hatte ein paar Scheiben Brot und ein Stück Käse dabei.
So oft haben mir meine Nachbarn damals „das Leben gerettet“. Sie waren einfach da, halfen mit Kleinigkeiten aus, wenn ich einfach nicht mehr konnte. Brachten mir eine Kiste Wasser mit oder passten kurz auf Junior auf. Mir war jedes Mal zum Heulen zumute, denn Hilfe annehmen ist gar nicht so einfach, wenn man weiß, dass man nichts davon zurückgeben kann – zumindest nicht in diesem Moment, später mal, irgendwann vielleicht. Es sind Kleinigkeiten, die niemandem weh tun, und doch bedeuteten sie mir so viel. Tun sie noch.
Heute brauche ich Hilfe dieser Art nur noch ganz selten, zu gut funktioniert mein System, mein Alltag mit Junior. Aber da sind immer noch ganz viele kleine Gesten, die für mich so wertvoll sind.
Ich denke an dich
Es sind die Kleinigkeiten, die manchmal den größten Kloß im Hals erzeugen. Weil man nicht damit gerechnet hat, weil man merkt, dass nichts selbstverständlich ist. Oder weil man spürt: Ich bin wichtig. Für diese Menschen, in diesem Moment, einfach so. Gesehen, geliebt, geschätzt. Es sind Gesten, die sagen: Ich denke an dich und bin da.
- Ein Buch, das mich daran erinnert, dass ich wieder mehr lesen wollte.
- Post-its für all die Ideen und Gedanken, die ich so habe.
- Marmelade aus der Schweiz – und zwar meine Lieblingssorten.
- Eine Karte im Briefkasten, die sowohl als Geste, aber auch im Text „Verbindung“ ruft.
- Ein Kommentar auf meinem Blog, der mir zeigt, dass meine Leute noch da sind.
- Ein beste-Mama-Abzeichen, weil ich Pfannkuchen gebacken habe (und weil ich eben die beste Mama bin).
- Ein Päckchen und die Botschaft „Schön, dass es dich gibt“.
- Eine Geburtstagsnachricht, die auf so vielen Ebenen sagt: Ich habe dir zugehört, du bist mir wichtig und ich liebe dich.
Vielleicht sind die großen Gesten auch wichtig, ich weiß es nicht. Für mich aber machen die Kleinigkeiten manchmal den Unterschied aus zwischen „mieser Tag“ und dem Gefühl, etwas richtig gemacht zu haben.
Nichts ist selbstverständlich
Wenn Kleinigkeiten manchmal die Welt bedeuten, dann können sie nicht selbstverständlich sein. Überhaupt finde ich, dass nichts selbstverständlich ist. Ich verstehe aber den Impuls, ich rede meine Kleinigkeiten auch oft klein.
Beim Umzug geholfen: Kleinigkeit. Monatelang Einkauf und Wäsche übernommen: Macht sich doch so nebenbei. Zur Tankstelle gelaufen: War doch eh unterwegs. Problem auf der Website gefixt: Ach, das ist doch mein Job… Und so weiter.
Vielleicht sollten wir das nicht machen, dieses Kleinreden. Vielleicht sollten wir lieber sagen: Für dich immer. Weil du mir wichtig bist. Die Zeit nehm ich mir gern, wenn es für dich wichtig ist. Ich seh dich gern glücklich, daher macht es mir nichts aus. Ich bin für dich da. Oder: Ich weiß doch, wie gern Junior Kartoffelsuppe isst und ich freu mich, wenn ich helfen kann.
Danke euch. Ich weiß, dass nichts von all dem selbstverständlich ist und ich weiß es zu schätzen.
Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.
Ein Kommentar
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