Weißt du, wie Zimtschnecken schmecken, die ein bisschen zu lange im Ofen waren? Die nicht mehr goldbraun, sondern tiefbraun aussehen? Die nicht mehr quatschig-matschig sind, sondern eher trocken, außen ein bisschen wie Pizzateig (ist ja auch ein bisschen wie Pizzateig)? Falls du es nicht weißt: Ich weiß es jetzt. Und Junior auch.

Ich kann mich an ein paar Situationen in meiner Kindheit recht genau erinnern. Ich war oft bei meiner damals besten Freundin Tina. Denn die hatten einen riesengroßen Garten, dahinter ein Feld, wir fühlten uns wie Entdecker, jeden Nachmittag wieder, obwohl wir natürlich schon längst alle Ecken erkundet hatten. Tina hatte auch einen kleinen Bruder. Und einen Vater, der Pfeife geraucht hat. Und eine Mutter, die gestickt hat. Und die Zimtschnecken gebacken hat.

Dieses Zimtschnecken-Rezept, nach dem sie immer gebacken hat, habe ich mit Anfang 20 zum Geburtstag geschenkt bekommen. Denn in Bielefeld gibt es immer wen, der jemanden kennt, der wiederum jemanden kennt… So gehen Verbindungen selten ganz verloren, auch wenn Tina und ich schon lange nichts mehr miteinander zu tun hatten und haben. Ich habe sie aber nie gebacken, nicht mehr dran gedacht. Bis gestern.

Da hatte ich diese Sehnsucht nach Zimtschnecken, nach Kindheit, nach Rumtoben und Spielen und Entdecken. Melancholie. Und mir fiel das Rezept wieder ein. Hefe, Butter, Mehl, ein bisschen Zucker – alles nicht so schwierig. Teig gehen lassen, ausrollen, Füllung zusammenrühren, drauf, eine Rolle machen, in Stückchen schneiden – auch nicht kompliziert. Noch mal gehen lassen, ab in den Ofen, backen.

Dann aber wurde es irgendwie doch schwierig. Denn diese Sache mit Backtemperatur und -zeit ist immer ein Problem, besonders dann, wenn man Rezepte hat, die schon alt sind. Denn Öfen sind immer ein bisschen anders, haben ihre Tücken, ihre Eigenheiten, meiner ist vorn wärmer als hinten und überhaupt immer etwas heißer als frühere Öfen oder etwa der von meiner Ma.

Ich wusste also: Nicht so lang und genau draufschauen, das sage ich ja auch immer zu Junior, wenn der mal Auflauf macht oder so. Lieber einmal mehr schauen als nen verbrannten Auflauf. Tja.

Ich hab auf meine Zimtschnecken geschaut. Aber zuerst waren sie sehr, sehr bleich. Also noch ein paar Minütchen. Dann waren sie bräunlich, aber noch nicht so wunderbar-yummy-golbraun, wie ich sie in Erinnerung hatte. Und dann… ja dann waren sie von einem auf den anderen Moment seeeeeeeeehr dunkel. Und gar nicht mehr fluffig-matschelig.

Und Junior? Der meinte nur: „Die schmecken trotzdem! Wir müssen sie einfach noch mal machen, dann mache ich aber mit. Und wir merken uns: Mehr Füllung und nicht so lang in den Ofen!“

Er hat übrigens nicht eine, sondern zwei gegessen. Und mich nach dem Abendessen gefragt, ob er vielleicht noch eine essen könnte. Klar.

Ich hatte vergessen, worum es eigentlich geht. Nicht um die perfekten Zimtschnecken, natürlich nicht. Es geht um den Spaß am Backen und den Spaß am Ausprobieren. Und vielleicht, ganz vielleicht, geht es auch um ein Ergebnis. Das beste, das ich in der Situation eben hinbekommen habe.

Vielleicht hätte ich vor dem Ofen warten müssen, um ein besseres Ergebnis zu erzielen, aber das ist ja jetzt auch egal. Wichtig ist: Ich habe Zimtschnecken gebacken und ich habe an die Eroberung des Gartens und der Felder und der Umgebung gedacht. Damals, als wir 5 Jahre alt waren und als die Welt noch viel größer schien als heute.

Junior würde sagen: Du kannst doch alles, also auch Zimtschnecken. (Er übertreibt da immer maßlos, aber ich genieße das, solange es hält). Und ein bisschen stimmt es vielleicht auch. Ich tue Dinge und erziele ein Ergebnis. Und manchmal brauche ich einen zweiten Anlauf oder einen dritten oder vierten. Manchmal brauche ich auch Unterstützung durch den Hilfskoch. Und manchmal reicht es auch, das Beste gegeben zu haben. Schmeckt ja auch irgendwie. Nach Zimtschnecken auf jeden Fall!

Dieser Beitrag ist in der 47. Blognacht entstanden. Das Impulsthema: „Das beste Ergebnis“

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2 Antworten

  1. Ich kenne den Geschmack und ich finde ihn interessant! Esse dann zwei oder drei, um zu erforschen, warum mir das gefällt, obwohl sie eigentlich nicht so sind, wie sie sein sollen. Da hat dein Junior also recht, wenn er sagt, dass es schmeckt.

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