Hast du mal versucht, deine Kram-Schublade zu sortieren, ohne etwas rauszunehmen? Diese Frage hat mir gestern Rani Gindl gestellt, mit der ich mich regelmäßig über die Welt und unsere Sicht auf Leben austausche. Diesen klugen Gedanken möchte ich gern mit dir teilen.

Aber von vorn. Du kennst das sicher, wenn einem das eigene Leben über den Kopf wächst. Der Alltag ist so voll, dass man kaum Raum zum Atmen findet. Im Job passiert ständig was Neues, klar, die Arbeitswelt verändert sich gefühlt immer schneller und wir müssen uns anpassen. Und was machen wir? Neue Routinen. Neue Methoden und Tools. Verbessertes Zeitmanagement. Bestärkende Rituale. Timeboxing. Pomodoro-Technik. Mehr Sport, mehr Yoga, vielleicht noch ein bisschen Meditation und Journaling, um das alles noch mal zu reflektieren.

Wir versuchen, das Leben aufzuräumen, indem wir die Inhalte hin- und herschieben. Aber weißt du, was wir nicht machen? Einen radikalen Akt. Wie bei der Kram-Schublade. Rausnehmen, auskippen und dann schauen, wie wir den Platz dort ab sofort nutzen wollen.

Denn solange alles vollgestopft ist, können wir nur Mosaik-mäßig verschieben, immer nur dorthin, wo gerade eine winzig kleine Lücke ist. Außerdem sehen wir so gar nicht, was ganz unten und ganz hinten in der Schublade drin ist. Nimmt Platz weg, vermutlich ohne dass wir genau wissen, wofür es gut ist.

Strukturierte Unordnung vs. Chaos

Rani nennt das den Unterschied zwischen strukturierter Unordnung und Chaos. Wenn wir versuchen, in das volle Leben Struktur zu bringen, dann bleibt es letztlich unordentlich. Weil wir nicht alles genau betrachten. Das ist letztlich ein bisschen wie Pflaster kleben. Ein bisschen verarzten hier, ein bisschen Feuer löschen da – alles im besten Glauben, dass wir es dadurch besser machen, dass wir die Situation retten.

Und so fühlt es sich ja auch an. Erst wird es besser. Ich bin völlig gestresst und kaputt, müde und vielleicht ein bisschen traurig, dann mache ich Sport, esse gesund, schaue weniger Serien, werde produktiver. Yay!

Das Problem: Durch diese Disziplin und die kleinen „Erfolge“ (was auch immer das bedeutet) geht das Problem der Überforderung nicht weg. Und vermutlich auch nicht die Traurigkeit. Weil ich nicht alle Teile der Schublade sehen kann. Und ich kann auch den Raum nicht nutzen, der unter all dem Kram verbuddelt ist.

Nur aus dem Chaos entsteht Neues

Es klingt vielleicht bedrohlich, aber das Chaos ist auch eine Chance. Kippen wir die Schublade aus und schauen wir uns das Chaos in all seinen Facetten an. Den Kram, das Vergessene und Verbuddelte, aber auch das Verloren-geglaubte, das Gesuchte und das fehlende Stück von was auch immer.

Und dann ist da Leere. Raum, den wir nun füllen können. Und wir entscheiden, was wir hineinlegen in die leere (und geputzte?) Schublade. Heißt sie jetzt immer noch Kram-Schublade? Oder darf sie einen neuen Namen bekommen?

Etwas Neues. Können wir einen Zustand von Chaos ertragen, wenn danach vielleicht Klarheit steht? Oder finden wir etwas Schönes auch im Chaos? Und erkennen die strukturierte Unordnung als etwas, das uns zwar beschäftigt, aber nie fertig werden lässt? Ich bin jedenfalls gespannt, was ich aus meiner Schublade mache.

Danke, liebe Rani, für den cleveren Impuls!

Du kannst mir übrigens einen Kaffee-Regen schenken, wenn dir danach ist. Weil Geben und Nehmen zusammengehören. Meine Kaffeekasse findest du hier.

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