Die Friseurin sagte heute zu Junior, es sei toll, dass er so freundlich ist, dass er sich immer bedankt und höflich grüßt. Solche Situationen erleben wir sehr, sehr oft. Da betonen Menschen, wie außergewöhnlich Juniors Benehmen ist und sie freuen sich, wenn er sich aktiv in Gespräche einbringt – oder wenn er zur Begrüßung die Hand gibt. Ich weiß immer nicht so genau, wie ich diese Reaktionen einsortieren soll, denn einerseits sehe ich die ehrliche Freude der Menschen – sie meinen es ganz ernst, wenn sie sagen: Bleib bitte so, das ist toll. Aber auf der anderen Seite denke ich immer: Wie kann das so bemerkenswert sein? So auffällig? So außergewöhnlich?

Es ist schon eine Weile her, da haben Junior und ich einen Kumpel besucht (also er den Kumpel, ich die Mutter zum Kaffee). Es war alles recht entspannt, nur den Vater haben wir nicht angetroffen, der war länger arbeiten. Wir dachten schon, wir würden ihn verpassen, aber als wir uns gerade in die Jacken und Schuhe geworfen hatten, trafen wir ihn doch noch – in der Tür, fliegender Wechsel.

Und was macht Junior? Er bleibt kurz stehen, streckt die Hand aus und sagt: „Hallo, ich bin Ben!“

In diesem Moment hat sich dieser Vater in meinen Sohn verliebt, ich hab’s in seinem Gesicht sehen können. Natürlich weiß ich nicht, wie andere Kinder in solchen Situationen reagieren, und schon gar nicht die Kinder, die dort zu Besuch sind. Aber ich bin mir sicher, dass er so etwas noch nicht erlebt hatte.

Und nein, das ist kein Plädoyer für Knickse vor Erwachsenen, sondern es ist eine Anregung, dass Höflichkeit und gute Umgangsformen nichts Schlimmes sind – auch für die Kinder nicht übrigens. Ich habe Junior nicht gedrillt, das passiert durchs Vorleben.

Aber wie es aussieht, ist das nicht normal, nicht gewöhnlich, sogar so außergewöhnlich, dass wir oft darauf angesprochen werden.

Außergewöhnlich fällt auf

Wenn uns etwas auffällt, dann häufig das, was aus dem Üblichen und Erwartbaren ausbricht. Es fällt also auf, wenn Junior die Nachbarn grüßt, wenn er auch bei Kleinigkeiten bitte und danke sagt. Aber sollte uns das nicht stutzig machen? Der Normalfall scheint zu sein, gar nicht zu reagieren oder zu sprechen. Es fällt auf, wenn Menschen freundlich sind und es fällt auf, wenn Menschen besonders unfreundlich sind.

Aber es wäre doch toll, wenn wir diese Wahrnehmungsgrenze irgendwie verschieben könnten. Dass nett und freundlich normal sind und eben nicht außergewöhnlich.

Ich habe Junior beigebracht, dass es gut ist, freundlich und aufmerksam zu sein, denn dann ist die Chance am größten, dass andere es ebenso sind. Wenn wir jemanden nett grüßen, ist es wahrscheinlicher, dass die Begegnung insgesamt freundlich und zugewandt verläuft. Bitten wir jemanden um Hilfe, werden die meisten Menschen helfen, wenn wir das auf eine positive Art gemacht haben.

Und vielleicht ist es doch auch schön, wenn freundliches Verhalten auffällt. Und da hau ich dann doch noch ein bisschen „Werbung“ raus. Denn wisst ihr was? Auch die freundliche Community meiner Blognacht wird immer wieder hervorgehoben, scheint also außergewöhnlich zu sein. Und das ist natürlich nicht nur mein Verdienst, aber wieder ein Beleg dafür, dass das alte Sprichwort eben doch gilt: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

Bleiben wir freundlich und freuen uns über nette Menschen und höfliches Verhalten. Vielleicht wird es irgendwann so attraktiv, dass es dann doch normal wird und nicht als außergewöhnlich einsortiert wird.

Dieser Beitrag ist in der 58. Blognacht entstanden. Das Impulsthema: „Außergewöhnlich“

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