Neulich bin ich (mal wieder) über die Serie Californication gestolpert, die ich vor Jahren mal geschaut hatte. Wie so viele Serien ist auch diese irgendwie aus der Zeit gefallen, auch wenn sie ja als Persiflage angelegt und auch über 7 Staffeln durchgezogen wurde. Ich möchte jetzt auch gar nicht über den (künstlerischen) Wert der Serie diskutieren – das lohnt nicht. Ich denke, es gibt Gründe, sie zu schauen und auch welche, es nicht zu tun. Was mich daran beschäftigt hat, ist der Umgang mit dem Schreiben. Denn die Hauptfigur Hank Moody ist ja Autor – und zwar ein erfolgreicher. Nur dass er leider nicht schreibt. Oder zumindest nur dann, wenn er völlig am Boden ist.

Dieser Hank Moody setzt sich immer dann an seine Schreibmaschine (ja, Schreibmaschine!), wenn gerade das ganze Leben auseinanderbricht, wenn alle wichtigen Beziehungen enden oder zumindest einen neuen Knacks bekommen, wenn er wieder die ganze Welt enttäuscht hat, nach Drogenexzessen oder sexuellen Fehltritten. Wenn nichts mehr bleibt, dann schreibt dieser Autor seine brillanten und anschließend auch gefeierten Werke.

Diese Herangehensweise an das kreative Schaffen ist ja nicht neu, die Erzählung vom gescheiterten Schriftsteller mit gebrochenem Herzen gibt es in Literatur und Film immer wieder. Und auch die Sache mit den Drogen wird immer wieder gern bemüht, ich hatte 2023, zu Beginn dieses Blogprojekts, mal über das Schreiben und den Rausch geschrieben.

Was mir aber nun als Gedanke gekommen ist: Dieser Hank Moody schreibt immer dann, wenn er allein ist. Wenn er alle enttäuscht hat, niemand mehr da ist, nur noch der Alkohol. Keine Sorge, ich fang jetzt nicht an zu trinken, um dann eine brillante Geschichte zu schreiben. Aber mich beschäftigt das schon.

Diese Sache mit der Einsamkeit. Sich einsperren, völlig ohne Ablenkung, nur noch mit seinen eigenen Gedanken verbunden. Und im Fall von Californication auch der Wegfall von jeglicher noch verbliebener Verantwortung.

Aus einer Art „jetzt ist alles egal“ – Haltung lässt sich vielleicht besser schreiben. Ist das vielleicht das, was kreativ macht? Allein sein, am Boden, verzweifelt, ohne andere Menschen. Dann ist da nur noch der Künstler oder die Künstlerin. Pur. Dann ist die Sprache das Mittel, um die Einsamkeit zu verarbeiten, dann wird Krise zur Kunst.

Und wir? Wir berauschen uns an den Dramen, die da draußen geschrieben und gedreht werden. Also die imaginierten, von denen wir nicht wissen, wie viel wahrer Kern drinsteckt. Aber ja nicht nur an denen. Nein, wir berauschen uns auch an den Dramen, von denen wir aus der Klatschpresse erfahren. Die uns erstaunen, entsetzen, berühren – warum auch immer.

Der Erfolg von Skandal-Geschichten lässt jedenfalls die bodenständigen, seichten Geschichten nicht gut aussehen. Ich persönlich mag ja beide. Gerade das Seichte, Alltägliche finde ich spannend, wenn es gut geschrieben ist.

Seichter Alltag, seichte Story?

Und dann lande ich bei dem Gedanken: Kann ich mit meinem langweiligen, bodenständigen, seichten Alltag auch nur seichte Geschichten schreiben? Klar, ich kann auch das schreiben, was ich gerade nicht erlebe. Aber ich bin doch nun echt nicht in der Stimmung für Skandale.

Jostein Gaarder beschreibt es so schön in seinem Roman Der Geschichtenverkäufer:

„Vielen angehenden Autoren fehlte es an etwas so Grundlegendem wie Lebenserfahrung. Der Glaube, man könne erst schreiben und später leben, ist ein postmodernes Mißverständnis. Dennoch wollen viele junge Leute vor allem Schriftsteller werden, um ein Schriftstellerleben führen zu können. Damit stellen sie die Sache auf den Kopf. Zuerst lebt man, dann kann man sich überlegen, ob man etwas zu erzählen hat, aber die Entscheidung darüber trifft das Leben selber. Die Schrift ist die Frucht des Lebens. Das Leben ist nicht die Frucht der Schrift.“

Das bestätigt mich ein bisschen in meinem Gedanken. Nur: Wie viel muss ich gelebt haben, um zu schreiben? Und wenn ich gerade nicht schreiben kann (wie Hank Moody) – muss ich dann auch so lange mein Leben zertrümmern, bis nichts mehr übrig ist? Zieht sich diese Blockade durch mein Leben, weil der Alltag endlich in einer einigermaßen geraden Bahn läuft? Ist es zu leicht geworden? Habe ich keine Kämpfe mehr, sodass ich welche provozieren muss?

Ja, ich bin immer noch ein bisschen verrückt, du merkst es. Aber es bessert sich. Ich wollte ja auch nie eine brillante Autorin werden. Nur eine gute Bloggerin, das reicht eigentlich schon. Gute Gedanken und so. Ohne Rauschmittel.

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